Salman Rushdie und sein neuer Roman
21. September 2015Kaum denkbar, dass Salman Rushdie ein neues Buch vorlegen würde, in dem Religion nicht behandelt wird. Zu sehr haben sich bei diesem Autor spätestens nach der gegen ihn verhängten Fatwa Literatur und Religion, Kunst und Lebenspraxis miteinander verzahnt. Und so ist auch der Roman "Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte", den der Bertelsmann-Verlag jetzt auf Deutsch vorlegt, ein Buch über den Glauben, die Religion und ihre Kritiker.
Zwei Philosophen im Streit
In einer Mischung aus Märchen und Wirklichkeit erzählt Rushdie im Roman vom Philosophen Ibn Ruschd und dessen Auseinandersetzung mit dem islamischen Denker Ghazali. Geschildert wird ein Kampf zwischen Glauben und Vernunft. Zum Figurenarsenal des Buches gehören Menschen, Götter und Geister. Der Titel des Romans bezieht sich auf die morgenländische Erzählsammlung "Tausendundeine Nacht": Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte ergeben 1001.
Der 1947 in Bombay geborene Salman Rushdie lebt schon lange im Ausland und verfasst seine Bücher in englischer Sprache. Berühmt wurde er 1981 mit dem Roman "Mitternachtskinder", der Geschichte eines Jungen, der 1947 geboren wird und in Indien aufwächst. Die weitausholende Handlung lehnte sich unter anderem auch an Günter Grass' Roman "Die Blechtrommel" an. Mit dem im April 2015 verstorbenen deutschen Nobelpreisträger war Rushdie befreundet.
Rushdie: von der Fatwa bedroht
Rushdies 1988 erschienener Roman "Die satanischen Verse" erregte aufgrund der literarischen Darstellung des Propheten Mohammed großes Aufsehen. In der islamischen Welt führte der Text zu heftigen Protesten. Der damalige politische und religiöse Führer des Iran, Ruhollah Musawi Chomeini, erließ gegen den Schriftsteller eine Fatwa. Muslime in aller Welt wurden zur Tötung Rushdies aufgerufen. In den Jahren darauf lebte Rushdie unter verschiedenen Identitäten an geheimen Orten und wurde rund um die Uhr bewacht. Inzwischen lebt der Autor in New York, nach eigenen Angaben seit 2002 ohne Bewacher. Vor drei Jahren war "Joseph Anton", die Autobiografie des Schriftstellers, erschienen.
Kein Leben in vollkommener Sicherheit
Im Vorfeld der Veröffentlichung seines neuen Romans in Deutschland hatte Rushdie in einem Gespräch mit der Wochenzeitschrift "Stern" bezweifelt, dass die gegen ihn verhängte Fatwa jemals aufgehoben werde: "Die Wahrheit ist, der Tag wird nie kommen, an dem mir gesagt wird: Jetzt bist du wirklich sicher", so Rushdie. In New York führe er aber inzwischen ein ganz normales Leben.
Im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) rief Rushdie zu einer harten Haltung auf: "Wenn Sie versuchen, einen Schläger zu besänftigen, wird er sie nicht weniger, sondern viel härter verprügeln", sagte der Schriftsteller in dem Interview. Der IS sei die schlimmste Bedrohung der Gegenwart.
Einsatz für "Charlie Hebdo"
In einem Gastbeitrag für die Tageszeitung "Die Welt" hatte der indisch-britische Autor vor kurzem auch seine Sorge vor einem Ende der Meinungsfreiheit in Europa geäußert. Vor dem Hintergrund des Anschlags auf das französische Satiremagazin "Charlie Hebdo" schrieb Rushdie: "Es ist wichtig, dass wir Stellung beziehen. Dass wir standhaft sind. Dass wir sagen: Dies ist die Welt, in der wir leben möchten." Um in dieser Welt zu leben, müsse es in Ordnung sein, dass es diese Karikaturen gibt, bekräftige der Autor sein Plädoyer für die Freiheit des Wortes. "Wenn wir in einer offenen Gesellschaft leben wollen, gehört die Akzeptanz solcher Karikaturen dazu."
Der vielfach ausgezeichnete Salman Rushdie stellt seinen neuen Roman "Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte" am 21. November in Berlin persönlich vor.
Salman Rushdie: "Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte", Roman, Deutsch von Sigrid Ruschmeier, 380 Seiten, ISBN 978-3-570-10274-9.