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Politik

Kern: Wahlkampfverbot für Türkei in EU

5. März 2017

Die Spannungen mit der Türkei wachsen - nicht nur mit Deutschland. Nachdem die Niederlande türkische Wahlkampfauftritte in ihrem Land ausgeschlossen hatten, meldet sich nun Österreichs Bundeskanzler Kern zu Wort.

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Christian Kern
Österreichs Bundeskanzler Christian KernBild: Getty Images/AFP/J. Thys
Christian Kern
Österreichs Bundeskanzler Christian KernBild: Getty Images/AFP/J. Thys

Der österreichische Bundeskanzler Christian Kern hat sich für ein EU-weites Verbot von Wahlkampfauftritten türkischer Politiker ausgesprochen. "Eine gemeinsame Vorgehensweise der EU, um solche Wahlkampfauftritte zu verhindern, wäre sinnvoll", sagte Kern der "Welt am Sonntag". Damit könne verhindert werden, dass einzelne Länder wie Deutschland, in denen solche Auftritte untersagt würden, unter Druck der Türkei gerieten, fügte der Sozialdemokrat hinzu.

Am Donnerstag und Freitag waren im baden-württembergischen Gaggenau sowie in Köln und Frechen in Nordrhein-Westfalen von Seiten der Kommunen Veranstaltungen mit Auftritten türkischer Minister abgesagt worden. Die Absagen hatten für erheblichen Unmut in Ankara gesorgt. Für diesen Sonntag ist ein Auftritt von Wirtschaftsminister Nihat Zeybekcis bei einer Kulturveranstaltung in Leverkusen und in einem Hotel in Köln geplant.

"Präsidialsystem widerspricht Werten der EU"

Türkische Regierungsvertreter planen, vor der Volksabstimmung am 16. April für eine Verfassungsreform in ihrem Land in mehreren EU-Staaten wie Deutschland und den Niederlanden zu werben. Die zur Entscheidung stehende Einführung eines Präsidialsystems würde Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan deutlich mehr Macht verleihen und das Parlament schwächen.

Mit Blick auf die geplante Verfassungsänderung kritisierte Kern, dass "die Einführung eines Präsidialsystems den Rechtsstaat in der Türkei noch weiter schwächen, die Gewaltenteilung einschränken und den Werten der Europäischen Union widersprechen würde".

Der Regierungschef aus Wien warf Ankara vor, "Menschenrechte und demokratische Grundrechte mit Füßen" zu treten. Pressefreiheit sei ein Fremdwort in dem Land am Bosporus. Das zeige auch die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel und weiterer Journalisten und Wissenschaftler. "Das ist schockierend", sagte Kern. Yücel habe unabhängig und kritisch über die Türkei berichtet. "Die Türkei muss Herrn Yücel umgehend frei lassen. Wir erwarten, dass Ankara eine Minimaldosis an Rechtsstaatlichkeit einhält." Yücel ist derzeit in der Türkei in Haft. Erdogan hatte den Korrespondenten der Tageszeitung "Die Welt" als "deutschen Agenten" bezeichnet. Die deutschen Behörden beschuldigte er der Unterstützung des Terrorismus in der Türkei.

Deniz Yücel
Deniz Yücel sitzt zur Zeit in Untersuchungshaft in der TürkeiBild: picture-alliance/Eventpress

"EU-Beitrittsgespräche müssen beendet werden"

Kern bekräftigte in diesem Zusammenhang seine Forderung nach einem sofortigen Abbruch der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei: "Wir sollten die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei nicht nur vorübergehend aussetzen, sondern beenden. Wir können nicht weiter mit einem Land über eine Mitgliedschaft verhandeln, das sich seit Jahren Schritt für Schritt von demokratischen Standards und rechtsstaatlichen Prinzipien entfernt." Auch die Vorbeitrittshilfen von 4,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2020 sollten umgehend gestrichen oder als Druckmittel für politische Reformen verwendet werden. "Wir sollten die Beziehungen zur Türkei neu ausrichten, ohne die EU-Beitrittsillusion", sagte Kern.

as/djo (dpa, afp)