Aus für Corona-Zentrum auf Lesbos
30. Juli 2020Die Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) sieht sich gezwungen, ihr Isolationszentrum für COVID-19-Verdachtspatienten nahe dem Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos zu schließen. Die lokalen Behörden hätten Verstöße gegen Stadtplanungsvorschriften kritisiert und mit Bußgeldern sowie Strafverfolgung gedroht, teilte die Hilfsorganisation mit.
Das am 6. Mai eröffnete Zentrum sei jedoch die einzige Einrichtung, in der Flüchtlinge mit Corona-Symptomen sicher isoliert werden könnten. Es sei zudem mit Unterstützung der griechischen Behörden entstanden. Diese seien selbst nicht in der Lage, den Weiterbetrieb des Isolationszentrums zu gewährleisten, kritisierte die Hilfsorganisation. Dabei bestehe weiter das große Risiko, dass die Corona-Pandemie das überfüllte Lager mit 15.000 Menschen bald erreiche.
Sorge vor Corona-Ausbruch in Moria
Ein Ausbruch in dem Camp könne aufgrund der Enge und der unhygienischen Verhältnissen schreckliche Folgen haben. Die Menschen in Moria hätten kaum Zugang zu Seife und fließendem Wasser, betonte "Ärzte ohne Grenzen". Deshalb könnten sie sich nicht durch regelmäßiges Händewaschen oder die Einhaltung von Abstandsregeln vor der COVID-19-Pandemie und anderen Krankheiten schützen.
Mehr als 300 Menschen in dem Lager gehörten zur Hochrisikogruppe. Neben MSF fordern auch andere Organisationen, dass besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus Moria sofort in Sicherheit gebracht werden.
Deutschland nimmt weitere Minderjährige auf
Unterdessen wurde bekannt, dass Deutschland erneut eine Gruppe kranker Minderjähriger und Mitglieder ihrer Familien aufnimmt. Wie der stellvertretende griechische Migrationsminister Giorgos Koumoutsakos mitteilte, handelt es sich um 85 Minderjährige und 90 Familienangehörige, die am Donnerstag aus Athen nach Deutschland fliegen sollen.
Die Bundesregierung hatte im März im Rahmen einer europäischen Hilfsaktion die Aufnahme von 243 behandlungsbedürftigen Kindern mit ihren Angehörigen von griechischen Inseln zugesagt. 65 Kinder und Jugendliche wurden bisher nach Deutschland geflogen.
Wegen der Corona-Pandemie war die Ausreise von minderjährigen Flüchtlingen aus Griechenland vorübergehend ausgesetzt worden. Der Plan sieht vor, dass rund 1600 Minderjährige in andere EU-Staaten und in die Schweiz gebracht werden sollen. Mehr als 200 Minderjährige wurden bereits von Deutschland, der Schweiz, Finnland und Portugal aufgenommen.
Seehofer sagt nein zu Flüchtlingsaufnahme in Berlin
Pläne einzelner deutscher Städte und Bundesländer, weitere Flüchtlinge auf eigene Kosten aufzunehmen, lehnt Bundesinnenminister Horst Seehofer dagegen ab. Auch das Land Berlin bekam keine Erlaubnis. Dort wollte man bis zu 300 Flüchtlinge aus griechischen Lagern aufnehmen.
Zur Begründung der Ablehnung hieß es aus dem Innenministerium: Die Bundeseinheitlichkeit würde bei einer Zustimmung zum Landesaufnahmeprogramm nicht gewahrt. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller sprach von einem "politischen Skandal".
cw/kle (afp, dpa, epd, kna)