Äquatorialguinea: Zwischen Öffnung und Abschottung
22. Februar 2014Tag 1: Ankunft in Malabo
Ohne Visum komme ich am Flughafen in Malabo, der Hauptstadt Äquatorialguineas, an. Normalerweise als Journalistin ein Unding. Zweimal Mal wurden zuletzt Visumsanträge von DW-Journalisten abgelehnt. Doch diesmal habe ich Glück. Denn derzeit möchte das ölreiche Land im Zentrum Afrikas mehr internationale Investoren anziehen und veranstaltet ein Investmentforum. Mit der Einladung der Regierung dazu in der Hand komme ich durch die Passkontrolle. Ich werde direkt in den VIP-Bereich des Flughafens gebeten. Dann geht es per Shuttle in das komfortable Hotel im Kongresszentrum Sipopo im Nordosten der Hauptinsel Bioko.
Tag 2: ein kurzer Ausflug
Am nächsten Morgen steht ein vom Investment-Forum organisierter Ausflug nach Malabo auf dem Programm. Die Journalistengruppe soll das Viertel Buena Esperanza kennenlernen, ein Musterprojekt für sozialen Wohnungsbau im etwa 700.000 Einwohnern großen Äquatorialguinea.
"Sozial" bedeutet im Öl-Staat Äquatorialguinea, dass hier jedes Haus immer noch mehr als 15.000 Euro kostet. "Die Mehrheit der hiesigen Bewohner erhält von der Regierung finanzielle Unterstützung", sagt Feliciano Morro, Generaldirektor im Finanzministerium. Wer gut verdient, dürfe hier kein Haus kaufen. Allerdings stehen vor den Häusern zum Teil teure Jeeps; zu teuer um Bedürftigen zu gehören.
Nach der Reise spreche ich mit Lisa Misol von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, die mir mehr über das Viertel Buena Esperanza erzählt: "Es gibt Anschuldigungen, dass die Menschen, die dort Häuser bekommen haben, gute politische Beziehungen haben und mit der Familie und der Partei des Präsidenten verbunden sein sollen." Misol kritisiert das Vergabeverfahren. Wirklich Arme, die sich um Wohnungen beworben hätten, seien leer ausgegangen.
Buena Esperanza war dann auch schon alles, was ich neben Flughafen und Konferenzzentrum auf meiner dreitägigen Reise vom Land zu Gesicht bekommen werde. Nach dem Besuch in dem Viertel informiert uns die Reiseleitung, dass der einsetzende Regen die einzige Straße in das Zentrum von Malabo unpassierbar gemacht habe.
Die nächsten Programmpunkte werden übersprungen und die Journalisten zurück ins isoliert gelegene Konferenzzentrum gefahren. Dort gibt es Mittagessen. Später trifft über die besagte Straße aus der Hauptstadt Staatspräsident Teodoro Obiang Nguema Mbasogo im Konferenzzentrum ein. Doch wer gedacht hätte, nun könnte der Ausflug fortgesetzt werden, irrt. Nun, so die offizielle Ansage, sei die Straße nicht mehr wegen des Regens, sondern wegen des Präsidenten gesperrt. Nach der Abfahrt des Präsidenten regnet es wieder.
Tag 3: die Investment-Konferenz
Am nächsten Tag beginnt die Investment-Konferenz im Kongresszentrum. Im elegant geschnittenen grauen Anzug und mit rot gestreifter Krawatte schreitet Präsident Obiang ans Rednerpult, um die Öffnung des Landes für mehr ausländische Investitionen zu verkünden: "Die Regierung wird für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes einen Fonds für gemeinsame Investitionen zwischen der Regierung und der Privatwirtschaft gründen." Die Investitionen sollen in Zukunft vor allem in Bereichen außerhalb der bisherigen Schwerpunkte Öl und Gas fließen.
Mit 770 Millionen Euro pro Jahr soll der Fonds ausgestattet werden. Summen, von denen die meisten afrikanischen Länder nur träumen können. Dank seiner Öl- und Gasexporte ist Äquatorialguinea das reichste Land Afrikas. Ein Äquatorial-Guineer verdient, laut Statistik der Weltbank, im Durchschnitt fünfzehnmal so viel wie ein Nigerianer und gar neunzigmal so viel wie ein Einwohner der Demokratischen Republik Kongo.
Doch der Durchschnittswert verdeckt die sozialen Unterschiede. Im Index der Menschlichen Entwicklung der Vereinten Nationen steht das Land nur auf Platz 136 unter 187 untersuchten Ländern und liegt damit hinter "ärmeren" Ländern wie den Namibia oder Ghana. Das Wirtschaftswachstum sei plötzlich gekommen, rechtfertigt sich der Finanzminister Äquatorialguineas, Marcelino Owono Edu. Den neuen Reichtum auszugeben, "dauert aber und kann nicht automatisch und proportional zum Wachstum des Bruttoinlandsprodukts geschehen", erklärt der Minister.
Tag 4: das Präsidenten-Interview
Während der Konferenz werde ich informiert, dass Staatspräsident Obiang ausgewählten Medien eines seiner seltenen Interviews geben möchte. Mit dabei sind neben der Deutschen Welle nur die Nachrichtenagentur Reuters, das russische Fernsehen Russia Today und der chinesische Kanal CCTV. Die restlichen Journalisten müssen draußen bleiben.
Während des eine dreiviertel Stunde dauernden Interviews konfrontiere ich Präsident Obiang mit der Kritik von Menschenrechtlern, es gebe keine Presse- und Meinungsfreiheit in seinem Land. "Was die Meinungsfreiheit im Inneren des Landes betrifft, so glaube ich, dass sie vollkommen ist", antwortet Obiang. Anderslautende Berichte seien für ihn, "sensationalistische Kampagnen, die nur das Image von Äquatorialguinea beschmutzen wollen."
In meinem Gespräch nach der Reise schüttelt Menschenrechtsaktivistin Lisa Misol von Human Rights Watch den Kopf: "Der Präsident kann doch nur schwerlich von Pressefreiheit in seinem Land sprechen!" Misol erinnert an zwei Journalisten der britischen Wirtschaftszeitung Financial Times, die gerade im Januar 2014 in Malabo verhaftet wurden. Auch die meisten offiziell erlaubten Oppositions-Parteien im Land seien in Wirklichkeit nur ein verlängerter Arm der Regierungspartei, wirft Misol ein. Echter Widerspruch werde nicht geduldet.
Auch den anderen häufig geäußerten Kritikpunkt, die trotz Wirtschaftswachstum anhaltende Armut, weist Präsident Obiang zurück. Die Daten der internationalen Organisationen zur Armut seien nicht korrekt: “Es gibt das, was ich Mangel nennen würde. Mangel ist dann der Fall, wenn jemandem etwas fehlt, was er braucht. Aber Armut gibt es hier im Land nicht.”
Auch hier ist Lisa Misol von Human Rights Watch anderer Meinung: "Die Armut ist in Äquatorialguinea offensichtlich. Es gibt einen starken Mangel an Wohnungen, an Abwassersystemen, Zugang zu Elektrizität und guten Straßen." Präsident Obiang müsse die Ressourcen zugunsten der Bevölkerung einsetzen, fordert Lisa Misol.
Auch potentielle Investoren auf dem Investmentforum werben für mehr Veränderung in Äquatorialguinea. "Es ist wichtig, dass man nicht nur das Bild verändern will, sondern dass man tatsächlich auch etwas verändert. Damit sich daraus dann auch eine neue Offenheit für Geschäfte und Kooperationen ergibt", sagt beispielsweise Christian Bockler, der für das deutsche Ingenieurbüro Gauff an der Konferenz teilnahm.
Mit dem Ende der Investmentkonferenz am Dienstagabend (4.2.2014) geht auch für mich der Aufenthalt zu Ende. Länger bleiben und noch etwas von der Insel und den Menschen zu sehen, geht nicht. Der Fahrer wartet schon vor dem Hotel, um uns zum Flughafen zu bringen. Vielleicht bekommen wir ja beim nächsten Mal die Chance, etwas vom normalen Leben im reichsten Land Afrikas kennenzulernen.