Zwei Jahre und drei Monate Haft für Pfahls
12. August 2005Die Richter des Augsburger Landgerichts urteilten am Freitag (12.8.2005), der ehemalige Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls sei der Vorteilsnahme und der Steuerhinterziehung schuldig. Der frühere CSU-Politiker hatte in einem umfassenden Geständnis eingeräumt, von dem nach Kanada geflüchteten Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber im Zusammenhang mit Rüstungsgeschäften 3,8 Millionen Mark (rund zwei Millionen Euro) Schmiergeld erhalten und nicht versteuert zu haben. Mit der Höhe des Strafmaßes folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft.
Entlastung durch Kohl gab den Ausschlag
Vom ursprünglichen Vorwurf der Bestechlichkeit war die Anklage nach Abschluss der Beweisaufnahme abgerückt; sie hatte den Anklagepunkt in Vorteilsannahme abgemildert. Mehrere Zeugen - darunter Altkanzler Helmut Kohl (CDU) und der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) - hatten übereinstimmend erklärt, Pfahls habe auf eine umstrittene Lieferung von 36 Fuchs-Panzern an Saudi-Arabien Anfang der 1990er Jahre keinen Einfluss gehabt.
Die Verteidigung hatte auf eine geringfügig niedrigere Strafe plädiert, ohne ein konkretes Strafmaß zu nennen. Ihren Angaben zufolge könnte Pfahls bereits im September freikommen, wenn er bis dahin die Hälfte seiner Strafe nach Anrechnung der Untersuchungshaft abgesessen habe. Richter Hofmeister sagte bei der Urteilsverkündung, die Untersuchungshaft in Frankreich werde eins zu eins angerechnet.
"Korruption auf höchstem Niveau"
Die Strafe orientiert sich an einer Absprache der Prozessbeteiligten im Vorfeld des Verfahrens. Danach sollte Pfahls höchstens zu zwei Jahren und drei Monaten verurteilt werden, wenn sein Geständnis nicht widerlegt wird. Nach sechs Wochen Prozessdauer bewertete das Gericht das Geständnis nun als glaubhaft. Letzten Ausschlag dafür hatte die Zeugenvernehmung von Altkanzler Helmut Kohl (CDU) gegeben.
Staatsanwalt Christoph Wiesner hatte vergangene Woche in seinem Plädoyer betont, Pfahls habe sich auch in Form der Vorteilsannahme der "Korruption auf höchstem Niveau" schuldig gemacht und über zwei Millionen Mark (1,02 Millionen Euro) Steuern hinterzogen. Der einstige Spitzenbeamte habe mit einer "für nicht möglich gehaltenen" Korrumpierbarkeit dem Ansehen der Bundesrepublik im In- und Ausland schweren Schaden zugefügt. Als Gegenleistung für das von Schreiber kassierte Geld habe er den Lobbyisten mit wertvollen Informationen aus dem Verteidigungsministerium versorgt und Rüstungsgeschäfte des Thyssen-Konzerns intensiv gefördert, unter anderem den umstrittenen Panzer-Export nach Saudi-Arabien.
"Der Angeklagte hat Glück gehabt"
"Schreiber hat Pfahls als denjenigen gebraucht, der auf die richtigen Knöpfe drücken sollte, falls einmal Sand ins Getriebe zu kommen drohte", sagte Wiesner. Schreibers Absicht sei es gewesen, "rostige Räder einer Ministerialbürokratie zu schmieren". Trotz mehrerer Indizien reichten die Anhaltspunkte für eine Verurteilung wegen Bestechlichkeit aber nicht aus. Der Angeklagte habe Glück gehabt, dass Kohl die Fuchs-Panzer-Lieferung nach Saudi-Arabien persönlich zugesagt habe. Pfahls habe deshalb keine pflichtwidrigen Entscheidungen treffen brauchen. Es sei deshalb nicht der charakterliche Verdienst des Angeklagten, dass er nicht bestechlich geworden sei. (stu)