"Zustand der Wohnhäuser in Budapest tragisch"
29. August 2002Die Wohnhäuser im Zentrum Budapests verfallen schneller, als die Stadt sie mit ihrem knappen Budget renovieren kann. Das beklagt Laszlo Lang, Chefberater von Budapests Oberbürgermeister Gabor Demszky. (...). BZ-Redakteur Gunnar Erth befragte Lang, zu Problemen der Stadt und Auswegen aus der Krise. (...)
Frage:
Eines der größten Probleme der Stadt ist der Zustand der Wohnhäuser. Wie bewohnbar ist Budapest?Antwort:
Das ist in der Tat ein großes Problem. 2002 geben wir 500 Millionen Forint für die Renovierung und Instandhaltung von Wohnhäusern aus, wie in den vergangenen Jahren. Die Stadt Budapest hat 1990 völlig heruntergekommene Häuser vom alten System übernommen. Der Zustand der Gebäude war und ist tragisch.Frage:
Was kann die Stadt dagegen tun?Antwort:
Budapest braucht ein groß angelegtes Rehabilitierungsprogramm. Das geplante Vorhaben zur Erneuerung ganzer Straßenzüge in Ferencvaros ist nur ein Teil. Die Kosten, die nötig sind, um die Häuser zu retten und weiterhin das Zentrum bewohnbar zu halten, belaufen sich auf 1000 Milliarden Forint. Soviel Geld gibt es allerdings nicht, zumal auch andere wichtige Politikfelder wie Verkehr und Bildung nach Geld rufen.Frage:
Wie viel können Sie investieren?Antwort:
Wir müssen uns einige dringliche Punkte herausnehmen und dort jedes Jahr zwei bis drei Milliarden Forint geballt investieren. Wir müssen uns dann auf einige Häusergruppen konzentrieren, vor allem auf die Innenstadt, die Häuser aus dem 19. Jahrhundert. Wir sehen diese Aufgabe allerdings nicht als rein kommunale Arbeit an, denn auch der Staat hat eine gewisse Verantwortung für den Zustand der Wohnhäuser. Der Staat hat uns die Wohnhäuser 1990 in einem maroden Zustand überlassen, uns aber kein Geld für die Renovierung bereitgestellt. Und die Mieteinnahmen reichen dafür bei weitem nicht aus.Frage:
Verfallen die Häuser denn schneller als Sie sie retten können?Antwort:
Genau so ist es. Die Lage wird immer schlechter. Wir haben nicht genügend Ressourcen, können beim Verfall nur auf die Bremse treten.Frage:
Das Budapester Tourismusamt BTH beklagt, dass die Stadt zwar enorme Summen mit ihren Gästen einnimmt, aber nichts zur Pflege der touristischen Infrastruktur tut. Teilen Sie diese Kritik?Antwort:
Nein. Tourismus ist wichtig und darf nicht vernachlässigt werden, gleichzeitig muss die Innenstadt bewohnbar bleiben. Immer mehr Menschen ziehen aus dem Zentrum in den Speckgürtel um Budapest. Das ist insofern bedauerlich, weil die Vororte nicht die entsprechende Infrastruktur haben, was zum Beispiel Schulen und die ärztliche Versorgung betrifft. Im Zentrum gibt es die Infrastruktur, aber immer weniger Bewohner. Die Innenstadtrenovierung ist für mich auch Touristenpflege - die Besucher werden sich hier wohler fühlen, wenn die Häuser in keinem so schlechten Zustand sind.(...)
Frage:
Sie beklagen ständig die klammen Kassen. Gibt es keine Zuschüsse von der EU?Antwort: Ja, sicher, es gibt da bestimmte Hoffnungen, aber wir bekommen nichts geschenkt. Wir gelten als ausgezeichneter Schuldner und guter Kunde der Europäischen Investitionsbank EIB, der Hausbank der EU. Wir verhandeln zurzeit über einen Kredit in Höhe von zehn Milliarden Forint, der für die Renovierung der Häuser verwendet werden soll. Das ist zwar nur ein Prozent der Summe, die insgesamt benötigt wird, macht die Lage aber schon einmal etwas weniger bedrückend. (...) (ykk)