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Einigkeit macht stark? Bei Banken nicht unbedingt!

11. März 2019

Bloß nicht wieder "too big to fail" - das war die Lehre aus der Finanzkrise. Nun will die deutsche Politik wieder einen Champion formen. Bankenexperte Thomas Hartmann-Wendels hält das nicht für sinnvoll.

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Commerzbank und Deutsche Bank in Frankfurt
Bild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst

Deutsche Welle: Während der Finanzkrise mussten einige Banken gerettet werden, weil sie zu groß und zu sehr im Finanzsystem verflochten waren, als dass man sie hätte Konkurs gehen lassen können. Trotzdem will die Politik inzwischen einen nationalen Champion auf dem deutschen Bankenmarkt haben und befürwortet daher das Zusammengehen von Deutscher Bank und Commerzbank. Braucht Deutschland einen solchen Champion überhaupt?

Thomas Hartmann-Wendels: Für eine starke Wirtschaftsmacht wie Deutschland - vor allem für eine sehr stark exportorientierte Nation wie Deutschland - ist es schon wichtig, dass es auch entsprechende Banken gibt, die die Bedürfnisse der Wirtschaft befriedigen können. Und angesichts der Spannungen, die es im internationalen Güterverkehr gibt, Handelskriege und so weiter, wächst auch das Interesse, dass diese starke Bank eine Bank mit Heimat in Deutschland sein soll. Andererseits brauchen wir nicht nur eine große Bank, wir brauchen auch eine leistungsfähige, starke und gesunde Bank. Die Deutsche Bank und auch die Commerzbank sind aber zwei Banken, die in der Vergangenheit mit sehr starken Problemen zu kämpfen hatten. Langsam scheinen sie wieder ein bisschen Fuß gefasst zu haben, aber eine Fusion zweier so großer und komplexer Institute ist eine Riesenaufgabe. Die fusionierte Bank wird wohl auf viele Jahre hinaus nicht besonders leistungsfähig sein.

Vor einem halben Jahr hat Deutsche Bank-Chef Christian Sewing gesagt, seine Bank sei erst in ein bis anderthalb Jahren bereit für so eine Großfusion. Warum jetzt die Eile?

Das Thema scheint sehr stark durch die Politik vorangetrieben worden zu sein. Das Vertrauen in internationale Kooperationen, in den freien Welthandel, auch in den freien Austausch von Finanzdienstleistungen ist gesunken und die Wirtschaftspolitik setzt stärker wieder auf eine nationale Komponente. Von daher wohl dieser Wunsch hier eine starke, in Deutschland beheimatete Bank zu schaffen. Man übersieht allerdings die Gefahren, die damit verbunden sind. Beide Banken sind noch nicht richtig gefestigt und wenn das Ganze schiefgehen sollte, trägt am Ende der Steuerzahler die Last, denn diese zusammengefasste Bank wird natürlich so systemrelevant sein, dass sie gar nicht mehr insolvent werden kann. Im Zweifel müsste der Staat eingreifen.

Thomas Hartmann-Wendels, Professor für Bankbetriebslehre an der Universität Köln.
Bankenexperte Thomas Hartmann-WendelsBild: Uni Köln

Sie sagten es gerade - die Commerzbank und die Deutsche Bank befinden sich im Konzernumbau. Wäre es nicht sinnvoller, wenn die Politik die Wettbewerbssituation der heimischen Banken verbessern würde, anstatt jetzt Druck auf die Deutsche Bank in Hinblick auf eine Fusion auszuüben?

Wir haben in Deutschland einen sehr intensiven Wettbewerb. Vor allen Dingen auch durch die Sparkassen und durch die Genossenschaftsbanken, die sehr erfolgreich unterwegs sind. Das schafft natürlich gerade für die beiden großen Banken erhebliche Probleme. Dieser Wettbewerbsdruck ist allerdings auch positiv, den sollte man nicht reduzieren. Diesem Wettbewerbsdruck müssen sich die großen Banken stellen. Denn Wettbewerb ist vielleicht für die Banken nicht besonders angenehm, aber für die Kunden ist es ein großer Vorteil und den sollte man nicht aufgeben.

Es heißt, wenn es um diese Fusion geht, zwei Lahme machen noch keinen Champion. Wäre es für die Deutsche Bank nicht sinnvoller mit einem starken nicht-deutschen Partner beispielsweise aus Europa zusammenzugehen?

Grundsätzlich ist es immer ein Problem, wenn zwei große Banken fusionieren. Das sieht man auch bei Deutschen Bank und der Postbank. Die Übernahme ist bis heute noch nicht richtig verdaut. Die IT-Systeme übereinander zu bringen, die Prozesse zu vereinheitlichen, das ist ein riesiger Aufwand. Grundsätzlich wäre ein starker europäischer Partner sicherlich eine sinnvolle Strategie. Aber ich glaube nicht, dass sich ein solcher finden lässt, denn jede Bank wird davor zurückschrecken, sich an der Deutschen Bank zu beteiligen oder diese zu übernehmen. Man weiß nicht, was man sich damit einkauft. Es gibt noch viele Probleme, die ungelöst sind. Das ist für einen potenziellen Erwerber nicht durchschaubar.

Glauben Sie, dass es sinnvolle Alternativen gibt zu so einem Zusammenschluss zwischen Deutscher Bank und Commerzbank?

Meiner Meinung nach wäre es immer noch das Beste, wenn beide Banken getrennt bleiben und versuchen ihre internen Prozesse auf Vordermann zu bringen, auch ihre IT zu modernisieren, um so wieder schlagkräftig zu werden. Für die Fusion fehlt mir die Fantasie. Es gibt ja auch keine Geschichte, die damit verbunden ist - dass man hier ein strategisches Ziel anstrebt, außer vielleicht Kosten zu sparen und Filialen zu schließen. Aber das ist alles keine wirkliche Strategie, die die Fantasien beflügelt. Insofern wäre es aus meiner Sicht besser, wenn beide Banken getrennt weiter existieren.

Thomas Hartmann-Wendels ist Professor für Bankbetriebslehre an der Universität Köln. Das Gespräch führte Insa Wrede.