Präsident Hollande hat Kopie der Lascaux-Höhle eingeweiht
10. Dezember 2016Das "Zentrum für Höhlenmalerei" liegt am Rand des französischen Städtchens Montignac, in der Dordogne. Der langgezogene graue Bau, entworfen vom norwegischen Architekturbüro Snøhetta, fügt sich wie eine Felskante in einen natürlichen Abhang ein. Vom Flachdach aus führt ein Weg zwischen der Außenmauer und einer Schneise im Hügel hinab zum versteckten Eingang der künstlichen Höhle, acht Meter tief unter der Erde.
Die Luft ist kühl und feucht wie in einer echten Grotte. Der Archäologe Jean-Pierre Chadelle zeigt nach oben, zum Einstiegsloch. Von dort fällt schwaches Licht auf einen Geröllhaufen. "Hier gibt das Faksimile den Zustand der Höhle wieder, wie ihn die Entdecker vorgefunden haben", sagt Chadelle. "Die Halde wurde aber 1958 entfernt. Durch die Atemluft der zahlreichen Besucher stieg damals die Kohlendioxidkonzentration, viele Menschen wurden ohnmächtig. Deshalb musste an dieser Stelle eine riesige Maschine zum Luftaustausch installiert werden."
Wie die Steinzeitmenschen gemalt haben
Auch Rohre und Schutzgitter haben das Original der berühmten Höhle mit ihren Steinzeitzeichnungen verschandelt. In der Kopie wurden sie weggelassen. Die Wände mit den Ritzbildern sind jedoch identisch. Der Archäologe redet sich in Begeisterung, so als stünde er in der echten Höhle, in der er früher selbst geforscht hat: "Die Pigmente haben ihre kräftigen Farben bewahrt, rot, gelb, schwarz. Wir können die Mal-Techniken erkennen. Hier haben die Steinzeitmenschen die Farbe auf die Wand geblasen, um die Schnauze und das flauschige Fell an der Kehle des Stiers abzubilden. Man sieht sogar, in welche Richtung sie den Stift gedreht haben, als sie diese kleinen Punkte gezeichnet haben."
Der erste Saal ist üppig bemalt: Zu beiden Seiten sind große Auerochsen zu sehen, außerdem Wildpferde, Hirsche, Pferde, Steinböcke. Der nächste Saal wirkt dagegen fast nackt. Weil sich auf den Wänden nicht das Mineral Calcit gebildet hat, haften die Farbpigmente schlecht. Ausgerechnet hier haben die Forscher aber besonders viele Zeichnungen gefunden, sagt Jean-Pierre Chadelle: "Auf dieser kleinen Fläche gibt es rund tausend Ritzbilder. Das ist etwa ein Zehntel aller Höhlenbilder weltweit, die wir kennen. Das zeigt, wie wenig uns von diesen Gemeinschaften geblieben ist."
Tourismus setzte der Originalhöhle schwer zu
Wer die Zeichnungen nicht entziffern kann, dem gibt die so genannte "Werkstatt von Lascaux" gleich im Anschluss an das Faksimile Nachhilfe: Einzelne Bilder aus der Höhle wurden dort noch einmal kopiert und in Augenhöhe aufgehängt. Ultraviolettes Licht lässt die Ritzbilder aufleuchten. Hier ist auch die einzige menschliche Abbildung zu sehen: Ein Mann mit Vogelkopf und erigiertem Penis. Er wurde in einem schwer zugänglichen Brunnenschacht gemalt.
Zur Geschichte von Lascaux gehört auch die Geschichte von Original und Kopie. Mit der Entdeckung der 20.000 Jahre alten Felsmalerei begann deren Beschädigung durch den Tourismus. Deshalb ist das Original seit 1963 für Besucher gesperrt. 20 Jahre später wurde Lascaux 2 eröffnet, so heißt eine erste Teilkopie. Sie hat riesigen Erfolg, liegt aber zu nah am Original - und gefährdet dieses nun auch. Daher wurde jetzt also Lascaux 4 gebaut, mit modernsten Techniken und in sicherem Abstand zum Original. Lascaux 3 ist der Name einer Wanderausstellung, die durch die Welt zieht.
Gesundheitszustand von Lascaux 1: stabil
"Das neue Ausstellungszentrum ist hervorragend dazu geeignet, Wissen über Höhlenmalerei zu vermitteln", sagt die Konservatorin Muriel Mauriac. Sie selbst wacht über das Wohl der echten Grotte. Dort schlugen die Forscher in den 2000er Jahren Alarm, weil sich weißer und schwarzer Schimmel entwickelt hatte. Inzwischen habe sich der Zustand der Grotte stabilisiert, versichert Mauriac. "Wir müssen aber weiterhin extrem aufpassen. Wir haben Forschungsprogramme entwickelt, um die Prozesse in der Höhle besser zu verstehen." Bis Archäologen und Paläontologen wieder in der Originalhöhle von Lascaux forschen können, werde es allerdings noch dauern.