Reaktionen aus der Kultur zum Tod Helmut Kohls
17. Juni 2017Während seiner 16-jährigen Kanzlerschaft ist Helmut Kohl aus dem Kulturbetrieb nicht nur Liebe entgegengeschlagen. Komiker und Karikaturisten hatten ihre wahre Freude an dem massigen Zwei-Meter-Mann. Sie nannten ihn "Birne", stilisierten ihn als bräsigen Saumagen-Fan, der Politik in Strickjacke machte. "Ich glaube nicht, dass ihn das gefreut hat", sagt Christoph Stölzl, der Präsident Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar, dem DW-Kulturmagazin Kultur.21. "Aber er hat gesagt, das muss man aushalten, wenn man seinen Hut in der demokratischen Arena in den Ring wirft." Da ginge es eben nicht zimperlich zu.
Von Birnen und Zwetschgen
"Helmut Kohl mit der Kamera lächerlich zu machen, war das einfachste, was es überhaupt gab", sagt auch der Fotograf Konrad Rufus Müller, der ihn zehn Jahre lang begleitete. Doch er hatte einen anderen Anspruch. In seinen Bildern zeigt er Kohl als Machtmenschen, als einen Mann, der weiß, was er tut, der ein Ziel hat und es gegen alle Widerstände durchboxt. Kohl vertraute Müller und so konnte dieser besondere Momente festhalten, etwa ein Treffen mit Michail Gorbatschow 1998 im Kanzlerbungalow in Bonn, ein vertrauliches Gespräch mit François Mitterrand am Strand im Jahr 1990, aber auch den Altkanzler, von Alter und Krankheit gezeichnet, im Rollstuhl sitzend.
Zu den ersten Promis außerhalb der politischen Kreise hat sich TV-Moderator und -Entertainer Thomas Gottschalk öffentlich zum Tod Helmut Kohls geäußert.
David Hasselhoff: "Ein Held ist von uns gegangen"
Auch international ist Kohls Tod ein großes Thema. Helmut Kohl, der politisch auf die deutsche Einheit hingewirkt und schließlich nicht unwesentlich zum Fall der Mauer beigetragen hat, war für den US-Schauspieler und Sänger David Hasselhoff "ein Held, der von uns gegangen ist". Hasselhoff selbst ist durch die Performance seines Songs "Looking for Freedom" an der Berliner Mauer 1989 eng mit dem Ende der DDR verbunden - auch wenn nicht er es war, der die Mauer schließlich zum Einsturz brachte, wie Satiriker immer wieder behaupten.
Der deutsche Regisseur Andres Veiel hat Helmut Kohl bei den Recherchen für seinen Dokumentarfilm "Black Box BRD" (2001) über die linke Terrorgruppe RAF persönlich kennengelernt und fragt sich heute, wie man ihn damals so unterschätzen konnte. "Wir haben alle diesen Mann damals nicht ernst genommen", gibt er im Interview mit dem Deutschlandfunk Kultur zu. Dabei sei er gerade nicht der "gemütliche Pfälzer" in Strickjacke gewesen, sondern ein kluger Machtmensch, ein Stratege durch und durch. "Er war für mich ein Machiavelli der achtziger Jahre, und ich bin noch nicht fertig mit ihm", teilte Veiel mit. Ob das bedeute, dass der Regisseur demnächst einen Dokumentarfilm über Helmut Kohl ins Kino bringen wolle, lässt er jedoch offen.
Geschickter Polit-Stratege
Ingo Schulze, der mit "Neue Leben" (2005) einen Roman über die Wende geschrieben hat, kannte Helmut Kohl nicht persönlich. Aber der Autor attestiert ihm im DW-Interview, Großes erreicht zu haben. Er habe die Menschen begeistern und ihr Vertrauen gewinnen können, so dass sie ihm alles geglaubt hätten. Und schließlich sei ihm zuvor Unvorstellbares gelungen: die Auflösung der DDR. "Das hat er auch sehr geschickt gemacht, so dass man immer denkt: Eigentlich war es Helmut Kohl und es waren gar nicht die Leute auf der Straße im Osten." Bei aller Kritik, findet der Schriftsteller aber auch: "Aus heutiger Sicht muss ich sagen, dass die Bundesrepublik Deutschland unter Helmut Kohl paradoxerweise sehr viel sozialer gewesen ist als heute."