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Bahnstreik trifft den Berufsverkehr

22. April 2015

Millionen Pendler und Reisende müssen wegen eines Lokführerstreiks improvisieren - wieder einmal. Es ist bereits die siebte Streikwelle in der laufenden Tarifrunde.

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Der leere Kölner Hauptbahnhof (Foto: dpa/picture alliance)
Am Kölner Haupbahnhof: gähnende LeereBild: picture-alliance/dpa/B. Marks

Der Streik der Lokführergewerkschaft GDL ist eine neuerliche Kraftprobe in einem zähen Tarifkonflikt. Der Personenverkehr wird seit zwei Uhr MESZ in der Nacht zum Mittwoch bestreikt, bis Donnerstag 21.00 Uhr soll der Ausstand dauern. Im Güterverkehr streiken die Lokomotivführer bereits seit Dienstagnachmittag. Hier wollen die Fahrer erst am Freitagmorgen wieder die Arbeit aufnehmen.

43 Stunden Ausstand im Personenverkehr

Millionen Fahrgäste müssen sich auf Zugausfälle und Verspätungen einstellen oder werden sich Alternativen suchen müssen. Die Bahn reagiert mit Ersatzfahrplänen. Sie erwartet, dass im Regional- und S-Bahnverkehr 15 bis 60 Prozent der Züge fahren, im Fernverkehr soll etwa ein Drittel des regulären Angebots aufrechterhalten werden. Im Güterverkehr erwartet die Bahn, dass die Hälfte der Verbindungen entfallen wird.

Wechselseitige Schuldzuweisungen

Bei den fahrenden Zügen wird die Bahn beamtete Lokführer oder Lokführer der Konkurrenzgewerkschaft EVG (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft) einsetzen. Eine Sprecherin der Bahn sagte, ein Krisenteam in der europäischen Leitstelle in Frankfurt am Main koordiniere die Züge. Von den rund 20.000 Lokführern sind mehr als 4000 Beamte und dürfen daher nicht streiken. Weitere 5000 sind in der EVG organisiert.

Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber äußerte sein Unverständnis über den neuerlichen Streik. Der Arbeitskampf sei "in keiner Weise nachvollziehbar". Man sei in den Tarifverhandlungen mit der GDL in der vergangenen Woche "sehr weit gekommen". Die Arbeitnehmerseite hatte die Verhandlungen nach 16 Runden ein weiteres Mal für gescheitert erklärt und sprach von einer Hinhaltetaktik. Die Gewerkschaft fordert fünf Prozent mehr Geld und eine Stunde weniger Arbeitszeit pro Woche. Hauptkonfliktpunkt ist aber, dass die GDL nicht nur für die Lokführer, sondern auch für die bei ihr organisierten Zugbegleiter und Rangierführer eigene Tarifverträge abschließen will. Dies strebt aber auch die größere, konkurrierende Gewerkschaft EVG an. Die Bahn wiederum will unterschiedliche Abschlüsse für dieselbe Berufsgruppe vermeiden. Unter Druck fühlt sich die GDL zudem durch das Tarifeinheitsgesetz, das die große Koalition noch vor der Sommerpause beschließen will. Es würde den Einfluss kleinerer Gewerkschaften wie der GDL einschränken.

Industrie warnt vor Millionenschäden

Vom Streik profitieren dürften die Fernbusgesellschaften. "Der Umsatz der Branche könnte wegen des Streiks um mehrere Millionen Euro steigen", sagte der Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmer.

Die Industrie rechnet mit deutlichen Produktionsausfällen durch den 66-stündigen Streik im Güterverkehr. "Streikbedingte Schäden können von einstelligen Millionenbeträgen schnell auf bis zu 100 Millionen Euro Schaden pro Tag wachsen", erklärte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Besonders betroffen seien Branchen, die auf die Bahn angewiesen seien, etwa Chemie-Gefahrgut-Transporte, die Stahlindustrie oder die Automobilwirtschaft. Der BDI kritisierte, die GDL handle verantwortungslos und habe "jedes Augenmaß verloren".

qu/wl (dpa, rtr)