"Zu wenig in die Landwirtschaft investiert"
6. Oktober 2011DW-WORLD.DE: Was sind die Vorteile für Entwicklungsländer wie Tansania, in der Landwirtschaft mit großen ausländischen Investoren wie Ihrer Firma Sun Biofuels zusammen zu arbeiten?
Richard Morgan: Zunächst einmal muss man das Ganze im Kontext der allgemeinen Wirtschaftspolitik sehen. Tansania hat in den vergangenen Jahren seine Wirtschaft für Investitionen geöffnet. Das betrifft vor allem Bereiche wie Tourismus, den Minensektor, die Energiegewinnung und natürlich die Landwirtschaft. Wir haben uns entschieden, im Bereich Landwirtschaft zu investieren, weil genügend Land verfügbar ist, weil es Arbeitskräfte gibt und Anreize der Regierung. Und ich glaube, wir werden ein erfolgreiches Geschäft dort starten, weil die politische und ökonomische Stabilität Tansanias da ist. Es gibt die entsprechende Infrastruktur und eine wachsende lokale Nachfrage. Und wenn ein solches Unternehmen erfolgreich platziert ist, dann strahlt das auch auf die lokale Wirtschaft aus, es gibt positive Effekte. Dann wird es darum gehen, Beschäftigung auszubauen. Und sobald das Unternehmen rentabel ist, zahlt es Unernehmenssteuer, die Angestellten zahlen Lohnsteuer von ihren Gehältern und Beiträge zur Sozialversicherung. Insgesamt werden sie das Geld, was sie durch ihre Arbeit erhalten, ja auch wieder ausgeben und so wird auch die heimische Wirtschaft profitieren.
Was ist Ihre Geschäftspolitik, wenn es um den Einbezug der lokalen Bevölkerung geht? Wie arbeiten Sie mit den Dorfgemeinschaften zusammen, deren Land sie nutzen?
Es gibt in Tansania einen politischen Rahmen, der vor zweieinhalb Jahren auf den Weg gebracht wurde, speziell für die Produktion von Biotreibstoffen. Aber diese Regulierung wurde bisher nicht zum Gesetz. Aber natürlich respektieren wir das tansanische Recht, die Gesetze zu Beschäftigung und Wirtschaft in jeder Hinsicht. Was wir darüber hinaus taten, als wir das Land identifizierten in dem wir investieren wollten: Wir trafen uns mit den Dorfgemeinschaften in diesem Distrikt und wir haben - auf Ebene des Distrikts - eine gemeinsame Vereinbarung unterzeichnet. Diese war sehr breit gefasst, aber enthält zum Beispiel auch eine Selbstverpflichtung, dass wir die lokale Bevölkerung vorrangig beschäftigen. Und die haben wir auch umgesetzt. Und wir arbeiten mit den Dörfern zusammen und unterstützen lokale Entwicklungsprojekte, die den Menschen vor Ort wichtig sind.
Wie schwer ist es, diese Bedürfnisse zu erfragen und dann auch Projekte auf den Weg zu bringen? Wie kompliziert sind die Abstimmungsprozesse mit den Dorfgemeinschaften?
Ich kenne das aus anderen Regionen wie Südost-Asien. Es geht ja darum, dass unsere Farmen einvernehmlich mit den Nachbarn klar kommen. Das ist also eine praktische Notwendigkeit. In Tansania ist es besonders wichtig, denn wir erhalten das Land ja durch eine Regierungsentscheidung. Es ist aber ursprünglich Land der Dorfgemeinschaften. Deshalb gibt es eine gesetzmäßige Verpflichtung. Diese wird regelmäßig von Experten der Universität Daressalam überprüft und es gibt zum Beispiel Festlegungen und Listen, welche Kompensationen zu zahlen sind. So haben wir mehr als 300.000 US-Dollar an die Gemeinschaften gezahlt.
Das haben wir getan, um vertrauenswürdig zu sein. Allerdings können wir kaum allen auch unrealistischen Erwartungen entsprechen. Dazu gehört die Erwartung, wir könnten Infrastruktur schaffen, Gesundheitsversorgung oder Bildung - alles das steht in der Verantwortung des tansanischen Staats. Als kleines Unternehmen, das seit drei Jahren in Land investiert und die bürokratischen Prozesse durchschreitet, kann man kaum die Infrastruktur schaffen, die einer solchen Region fehlt, und man wird da auch mancher Erwartung nicht gerecht. Sicher mag der eine oder andere in diesen Dörfern die Meinung haben, das Versprechen gemacht aber nicht gehalten wurden. Es gibt einerseits viel Skepsis und andererseits viel Überschätzung der ausländischen Investoren.
Es gibt die Kritik, dass solche Großfarmen und auch die Nutzung durch ausländische Investoren zu Lasten der lokalen Landwirtschaft gehen. Zudem riskiere man dadurch die Nahrungsmittelsicherheit der Bevölkerung. Was ist Ihre Meinung?
Für mich ist das zu allgemein. Viele dieser Verteilungsprobleme und Krisen könnten über eine transparente Landwirtschaftspolitik gelöst werden, durch eine Politik der Landnutzung und ein klares Landrecht. Ich sehe auch gar nicht, warum kleine Farmen nicht neben den großen Farmen existieren können sollten. Selbstverständlich ist es nicht Teil unserer Geschäftspolitik, kleine Farmen zu übervorteilen oder gar illegal und ohne Kompensation deren Land zu nutzen. Wir sind seit Jahren in Tansania und verhalten uns so wie es das Gesetz vorschreibt, beziehen die Bevölkerung mit ein. Alle Vorwürfe, die in andere Richtung gehen, sind falsch. Doch wenn Landwirtschaft - ob groß oder klein - in Entwicklungsstaaten wie Tansania wirklich die Probleme bei der Versorgung mit Grundnahrungsmitteln lösen soll, dann muss die Landwirtschaft auch klare politische Priorität haben. Und viele Institutionen, die UN und die Welternährungsorganisation haben sehr deutlich gesagt, dass die Landwirtschaft seit drei Jahrzehnten unter zu niedrigen Investitionen gelitten habe. Es wurde seit 30 Jahren zu wenig in diesen Sektor investiert. Und es ist eben eine der Folgen heute, dass die Produktion nicht Schritt gehalten hat mit dem schnellen demographischen Wachstum und der Verstädterung.
Das Gespräch führte Ute Schaeffer
Redaktion: Katrin Ogunsade