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Zorn auf türkische Regierung wächst

23. Mai 2014

Neue Todesfälle bei Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten heizen die Proteste gegen die Erdogan-Regierung weiter an. In Istanbul gingen Tausende zu Ehren eines getöteten 30-Jährigen auf die Straße.

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Demonstranten mit Sarg eines in Istanbul Getöteten (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

"Mörderstaat" und "Ihr seid uns Rechenschaft schuldig", rief die Menge im Stadtteil Okmeydani, wo der 30-Jährige am Freitagabend beerdigt wurde. Er war als Unbeteiligter am Donnerstag von einer Kugel getroffen worden. Ermittlungen zu den genauen Todesumständen sind im Gange. Laut Vize-Regierungschef Bülent Arinc ging die Polizei mit Tränengas gegen Demonstranten vor und gab Warnschüsse in die Luft ab. Offenbar sei dem Opfer ein Querschläger zum Verhängnis geworden. Augenzeugen berichteten hingegen, die Polizisten hätten mit scharfer Munition in die Menschenmenge geschossen.

In Okmeydani hatte zunächst eine kleine Gruppe von Demonstranten ihren Unmut über das schwere Grubenunglück von Soma vor anderthalb Wochen sowie den Tod eines 15-Jährigen nach den Aktionen zur Rettung des Istanbuler Gezi-Parks im vergangenen Jahr kundgetan. Später am Donnerstag kam es dann zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei, die auch am Freitag noch andauerten. Nach der Explosion eines Sprengsatzes erlag ein weiterer Mann seinen schweren Verletzungen.

Türkische Einsatzkräfte gehen gegen Demonstranten vor (Foto: Reuters)
War auch scharfe Munition im Einsatz?Bild: Reuters

"Wie in der Ukraine"

Der 15-Jährige war im Juni vergangenen Jahres auf dem Weg zum Bäcker von einer Tränengasgranate der Polizei am Kopf getroffen worden. Er starb im März nach Monaten im Koma. Das Schicksal das Jungen wurde zum Symbol für das harte Vorgehen der türkischen Einsatzkräfte gegen die Gegner des konservativ-islamischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Auch für das Grubenunglück in Soma, bei dem mehr als 300 Menschen ums Leben kamen, machen viele Türken den Regierungschef verantwortlich. Ihm wird vorgeworfen, die Katastrophe verharmlost zu haben und eine Mitverantwortung für laxe Sicherheitsstandards zu tragen. Für Unmut in der Bevölkerung sorgen zudem Korruptionsskandale rund um die Familie Erdogan.

Erdogan bezeichnete die Demonstranten in einer Rede als "Terroristen", die "wie in der Ukraine das Land spalten" wollten. Er könne die Geduld der Polizeikräfte "nicht verstehen", sagte er. Bei der Präsidentschaftswahl im August gilt Erdogan als Favorit, auch wenn er seine Kandidatur noch nicht offiziell erklärte.

wa/qu (afp, dpa)