Zentralafrika-Museum in Belgien öffnet wieder
8. Dezember 2018Das Königliche Museum für Zentralafrika beherbergt nicht nur eine der umfangreichsten Sammlungen indigener Kunst weltweit. Es steht auch wie kaum eine andere Institution für das blutige Erbe des europäischen Kolonialismus. Der 1910 fertiggestellte Prunkbau im Brüsseler Vorort entstand Ende des 19. Jahrhunderts aus einer Kolonialausstellung, die auf den belgischen König Leopold II. zurückging. Seit den 1960er Jahren entwickelte es sich zu einem wichtigen Dokumentationszentrum zur Kultur und Natur Afrikas.
Leopold II. (1835-1909) gab sich seinerzeit als selbstloser Menschenfreund, betrachtete aber die riesige Kongo-Provinz zugleich als sein Privateigentum, das er nach Belieben ausplündern konnte. Die unfassbaren Gräuel, die während seiner Herrschaft, im ausgehenden 19. Jahrhundert, an der afrikanischen Bevölkerung verübt wurden, waren in Belgien lange tabu. Das umgestaltete Afrika-Museum soll helfen, die verdrängte Geschichte aufzuarbeiten. Zur Eröffnungsfeier sagte der belgische Premierminister Charles Michel sein Kommen zu; König Philippe hatte eine entsprechende Einladung nicht angenommen.
Viele Exponate aus dem Kongo
Zu den Exponaten, die in den neoklassischen Bauten gezeigt wurden, gehörten unter anderem zehn Millionen Tierpräparate, 180.000 völkerkundliche Objekte, 16.000 Gesteinsproben und 8.000 Musikinstrumente. Die Mehrheit der Stücke stammt aus dem Kongo, der bis 1960 unter belgischer Kolonialherrschaft stand. Die historische Aufarbeitung dieser Epoche, bei der Millionen Kongolesen zu Tode kamen, ist noch nicht abgeschlossen.
Das Museum hat seine permanente Ausstellung nun komplett überarbeitet. Ein Forschungsteam zu Zentralafrika kooperiert mit Instituten und Organisationen weltweit. Das neue Museum ist durch den neuen Glaspavillon nun doppelt so groß wie vor der Renovierung. Der Umbau kostete nach Angaben des Museums 75 Millionen Euro.
Zeitgemäße Konzeption
Zum neuen Konzept des Museums sagte Museumsdirektor Guido Gryseels: "Zeitgenössische Werke afrikanischer Künstler stehen in Kontrast zu den Botschaften aus der Kolonialzeit." Die Ausstellung beginnt gleich mit der Geschichte des Museums selbst. In einem Depotraum können Besucher auch Exponate sehen, die aufgrund der kolonialen Vergangenheit ausrangiert wurden - auch den "Leopardenmenschen", eine umstrittene Skulptur von Paul Wissaert aus dem Jahr 1913.
In Sälen zu Ritualen und Zeremonien, Sprache und Musik sind etwa Musikinstrumente ausgestellt. Ergänzt werden sie durch Videofilme, in denen Afrikaner erklären, was verschiedene Rituale wie Heirat oder Geburt für sie bedeuten. "Uns war es wichtig, dass nicht weiße Menschen über afrikanische Kultur reden, sondern Afrikaner von der Kultur erzählen, die sie leben", so der Direktor für den Besucherbereich des Museums, Bruno Verbergt.
Völker statt Stämme
Ein zentrales Exponat ist ein 22 Meter langes Holzboot von 3,5 Tonnen Gewicht. König Leopold III. soll es 1957 bei einer Kongo-Rundreise geschenkt worden sein. "Hier wollen wir bewusst dem Besucher mitteilen, dass es durchaus sein könnte, dass die Einwohner von Ubundu dem König das Boot nicht freiwillig geschenkt haben", so Verbergt. Nachdenken über den Umgang mit dem kolonialen Erbe - das zieht sich durch das gesamte Museum. Auch auf die Wortwahl wird Wert gelegt. "Wir sprechen auch nicht mehr von Stämmen, sondern nur noch von Völkern", betont Verbergt.
kle/se (ard, kann, afpe, rtre, dpa)