Zehn Jahre Haft für Peking-Kritiker Gui Minhai
25. Februar 2020Zehn Jahre Gefängnis - so lautet das Urteil des Mittleren Volksgerichts in Ningbo in der ostchinesischen Provinz Zhejiang. Der Hongkonger Buchhändler Gui Minhai wurde der "illegalen Weitergabe von geheimen Informationen ans Ausland" für schuldig befunden. Nach Angaben des Gerichts will der 56-jährige Publizist, dessen Fall seit Jahren international Schlagzeilen macht, nicht in Berufung gehen.
Der in China geborene Gui war 1996 schwedischer Staatsbürger geworden. Jetzt erklärte das Gericht, Gui habe bereits 2018 seine chinesische Staatsbürgerschaft wieder angenommen. Es blieb unklar, ob er dafür seinen schwedischen Pass abgeben musste. Üblicherweise erkennen die chinesischen Behörden doppelte Staatsbürgerschaften nicht an. Seine erstmalige Inhaftierung vor fünf Jahren löste heftige Kritik an Peking und schwere diplomatische Verwicklungen mit Schweden aus.
Gui Minhai gehörte zu einem Kreis von fünf Verlegern aus Hongkong, die brisante und Peking-kritische Bücher veröffentlichten und vertrieben. 2015 verschwanden sie alle unter dubiosen Umständen und tauchten später in Festland-China wieder auf. Bis auf Gui wurden alle wieder freigelassen.
Dieser war während eines Urlaubs in Thailand erstmals nicht mehr auffindbar. Mutmaßlich chinesische Geheimdienstmitarbeiter hatten ihn nach China verschleppt, wo er bis zum Herbst 2017 im Gefängnis saß. Die chinesischen Behörden führten Gui in Videos als reuigen Straftäter vor. So bekannte er sich der Verwicklung in einen tödlichen Verkehrsunfall und des Schmuggels verbotener Bücher schuldig. Freunde gehen davon aus, dass die Geständnisse unter Druck erzwungen wurden.
2018, drei Monate nach seiner Freilassung, wurde Gui Minhai in einem Zug nach Peking wieder festgenommen, obwohl er in Begleitung zweier schwedischer Diplomaten war.
Im November ehrte die schwedische Sektion der internationalen Schriftstellervereinigung PEN-Zentrum den Peking-kritischen Verleger mit dem Tucholsky-Preis. Er ist nach dem deutschen Journalisten und Schriftsteller Kurt Tucholsky benannt, der Anfang der 1930er Jahre vor den Nationalsozialisten nach Schweden geflohen war.
se/cw (rtr, ap, afp)