Zehn Jahre Frieden für Bosnien-Herzegowina
14. Dezember 2005Bereits bei der Eröffnungsrede der Verhandlungen der internationalen Staatengemeinschaft am 1. November 1995 stellte US-Außenminister Warren Christopher klar, wer wirklich über Krieg und Frieden in Bosnien und Herzegowina entscheiden sollte: Es sei kein Bürgerkrieg sondern ein zwischenstaatlicher Krieg - und so waren auch die Verhandlungspartner gewählt. Die Vertreter der bosnischen Serben und Kroaten spielten nur eine Statistenrolle bei den Verhandlungen: "Guten Abend Präsident Izetbegovic, Präsident Tudjman, Präsident Milosevic, Premierminister Bildt, Minister Ivanov, verehrte Kollegen, im Namen von Präsident Clinton und des amerikanischen Volkes heiße ich Sie zum Beginn dieser historischen Friedensgespräche willkommen."
UN-Blauhelmsoldaten hatten versagt
Die Gespräche in der Stadt Dayton im US-Bundesstaat Ohio waren erst möglich geworden, nachdem die militärischen Kräfteverhältnisse sich verschoben hatten. Nur militärischer Druck hatte der Diplomatie zum Erfolg verhelfen können. Angesichts der fortgesetzten Belagerung von Sarajevo und dem Massaker von Srebrenica im Juli 1995 war deutlich geworden, dass die UN-Blauhelmsoldaten beim Schutz der Zivilbevölkerung versagt hatten.
NATO-Luftangriffe in Europa
Territoriale Verluste und ab Sommer 1995 NATO-Luftangriffe gegen serbische Stellungen hatten den politischen Entscheidungsträgern in Belgrad verdeutlicht, dass es Zeit war, Frieden zu schließen, um die eigenen Territorialgewinne abzusichern. Der serbische Präsident Slobodan Milosevic sagte nach Abschluss des Friedensabkommens am 21. November 1995: "Der Krieg hat heute endgültig geendet in Bosnien und Herzegowina. Und das nicht nur, weil dieses Abkommen mit allen Elementen des Friedensplans erreicht wurde, sondern auch deshalb, weil endlich die Grenze zwischen der Serben-Republik und der Kroatisch-Muslimischen Föderation fixiert wurde, so dass keine Militäraktion, die eine territoriale Veränderung zum Ziel hätte, mehr einen Sinn hätte, und dann zweifellos und ausschließlich als terroristische Tat zu betrachten wäre."
Ethnische Teilung des Landes
Durch das Friedensabkommen wurden der Serben-Republik 49 Prozent und der Kroatisch-Muslimischen Föderation 51 Prozent des Territoriums zugeschlagen. Die bosnische Regierung, vertreten durch Alija Izetbegovic, bestand zwar darauf, dass die territoriale Integrität des Staates Bosnien-Herzegowina erhalten wurde, akzeptierte aber das Ergebnis unter der Prämisse, dass die beiden Hälften des Landes Teile des Gesamtstaates seien. Daher wurde die neue Verfassung von Bosnien-Herzegowina in den Friedensvertrag aufgenommen. Milosevic hatte sein Ziel, die Staatlichkeit der Republika Srpska und damit auch die ethnische Teilung des Landes durch ein internationales Abkommen festzuschreiben, erreicht.
250.000 Todesopfer
Bei Unterzeichnung des Friedensvertrages waren in und aus Bosnien und Herzegowina 2,2 Millionen Menschen vertrieben worden oder geflohen. Mehr als 250.000 Todesopfer waren zu beklagen. Der damalige US-Präsident Bill Clinton hob daher vor allem die humanitären Aspekte des Friedensschlusses hervor: "Unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit will die überwältigende Mehrheit der Bürger von Bosnien, Kroatien und Serbien nur eins: ein Ende des Blutvergießens, ein Ende von Krieg und Gewalt. Sie wollen ihren Kindern und Enkelkindern die Möglichkeit geben, ein normales Leben zu führen. Heute, Gott sei Dank, wurden diese Menschen gehört."
Dennoch stand die internationale Gemeinschaft nach dem Friedensschluss vor vielen schwer zu bewältigenden Aufgaben. Die NATO-geführte Schutztruppe IFOR konnte zwar in kurzer Zeit sicherstellen, dass die vorher kämpfenden Armeen getrennt und abgerüstet wurden. Schwieriger war jedoch die Umsetzung der zivilen Aspekte des Friedensabkommens.
Große Schwierigkeiten in den folgenden zehn Jahren
Der Hohe Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft und andere internationale Institutionen wie OSZE und UN überwachen und forcieren die Umsetzung des Abkommens. Dies beinhaltet die Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen oft gegen den Willen der neuen dortigen Bewohner, den Aufbau multi-ethnischer und nach ethnischen Quoten besetzter demokratischer Institutionen, die Abhaltung freier und geheimer Wahlen, die Reform von Polizei und Armee.
Vor allem aber der Aufbau einer Zentralregierung, die für Außenpolitik, Währungspolitik, Zölle, Außenhandel, Einwanderungspolitik, Telekommunikation und Luftverkehr und für die zivile Koordination der Streitkräfte und den Haushalt des Gesamtstaates zuständig ist, stellte die Hohen Repräsentanten in den vergangenen zehn Jahren vor große Aufgaben.