Yücel verklagt Türkei auf Entschädigung
30. August 2018Die Summe in Höhe von 2,98 Millionen Lira setze sich aus Entschädigungen für Verdienstausfälle und Anwaltskosten sowie Schmerzensgeld wegen Freiheitsberaubung zusammen, sagte Yücels Anwalt Veysel Ok der Deutschen Presse-Agentur.
Reporter ohne Grenzen hatte bereits am Mittwoch berichtet, dass der "Welt"-Korrespondent von der Türkei eine Haftentschädigung fordern wolle. Ok betonte, sein Mandant hätte für seine journalistische Arbeit nicht einmal festgenommen werden dürfen. "Die Regierung und das Gericht müssen einen Preis zahlen für diese Ungerechtigkeit." In der Klageschrift, die Ok nach eigenen Angaben schon eingereicht hat, heißt es unter anderem, Yücel sei unter "unmenschlichen Bedingungen" festgehalten worden.
Der 44-Jährige war im Februar aus der Untersuchungshaft entlassen worden und durfte ausreisen, nachdem er im Gefängnis Silivri bei Istanbul lange und ohne Anklageschrift in Einzelhaft saß. Parallel zu seiner Freilassung wurde Anklage wegen "Propaganda für eine Terrororganisation" erhoben; das Verfahren geht weiter. Ihm drohen bis zu 18 Jahre Haft.
Yücel will im Zweifel vor den EUGH ziehen
Die erste Anhörung in Yücels Klage gegen die Türkei, die sich an das Schatzamt richtet, erwartet Ok für den 25. September. Man wolle auch einen Präzedenzfall schaffen für andere Journalisten, "die illegal ohne ordentliche Beweise" festgehalten worden seien. Sollte Yücel keine Entschädigungen aus der Türkei erhalten, würde er sich mit dem Journalisten an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden, so Ok.
Die Inhaftierung des Reporters und weiterer Deutscher aus "politischen Gründen" hatte im vergangenen Jahr zu einer schweren Krise zwischen Berlin und Ankara geführt, zuletzt hatte sich das Verhältnis aber wieder entspannt. Erst vergangene Woche konnte die deutsche Übersetzerin und Journalistin Mesale Tolu ausreisen, die vergangenes Jahr ebenfalls mehrere Monate in Untersuchungshaft verbracht hatte. Auch nach Yücels Freilassung sitzen allerdings laut dem Auswärtigen Amt noch immer sieben deutsche Bürger aus politischen Gründen in der Türkei in Haft.
hk/uh (dpa, afp)