Yuan-Abwertung - Waffe im Handelsstreit?
5. August 2019Am Montag kostete ein US-Dollar 7,04 Yuan. Es war das erste Mal seit 2008, dass die US-Währung mehr als 7,00 Yuan wert war. Am Mittwoch, einen Tag vor der Ankündigung neuer Zölle durch US-Präsident Donald Trump, bekam man für einen Dollar nur 6,88 Yuan.
Innerhalb weniger Tag hat der Yuan damit mehr als zwei Prozent an Wert verloren. Das wirkt wenig gegenüber dem Zehn-Prozent-Zoll, mit dem Trump chinesische Waren verteuern will. Doch es scheint ein erster Hinweis zu sein auf die Strategie Pekings.
Der Kurs der chinesischen Währung ergibt sich nicht nur durch Angebot und Nachfrage, sondern wird von der Notenbank des Landes in engen Grenzen gesteuert. Die Marke von 7,00 Yuan pro US-Dollar galt unter Experten lange als feste Grenze, die nicht durchbrochen würde.
Die USA haben China immer wieder vorgeworfen, den Wert seiner Währung namens Renminbi ("Volkswährung", Yuan ist die Zähleinheit)künstlich niedrig zu halten. Gerade Donald Trump hatte in seinem ersten Wahlkampf 2016 China immer wieder unfairen Wettbewerb vorgeworfen. Je weniger der Yuan wert ist, desto wettbewerbsfähiger sind chinesische Waren im Ausland.
Schallmauer 7,00 Yuan pro Dollar
Bei allem Zank über den wahren Wert der chinesischen Währung hat die Notenbank in Peking aber seit Mai 2008, also seit mehr als elf Jahren, immer dafür gesorgt, dass man für einen Dollar nie mehr als 7,00 Yuan bekam. Diese Zurückhaltung scheint Peking nun aufgegeben zu haben.
"Wir müssen jetzt abwarten, was als nächstes passiert", so Rob Carnell, Chefökonom der ING Bank in Singapur. Wenn die chinesische Notenbank bei der nächsten Festlegung des Yuan-Kurses nicht gegensteuere, "kann das durchaus bedeuten, dass eine Schwächung des Yuan Teil ihrer Antwort [auf Trumps Zolldrohung] ist".
"Mein Gefühl ist, das der Kursverfall beabsichtigt ist", sagt auch Julian Evans-Pritchard von Capital Economics in Singapur. "Dafür spricht das Timing kurz nach der Zoll-Ankündigung durch Trump." Außerdem habe China kaum Handlungsoptionen, auf Trumps jüngste Drohung zu reagieren. "Der Verkauf von US-Staatsanleihen oder die Export-Beschränkung von Metallen - das sind keine sehr starken Maßnahmen. Die Währung ist mit Abstand das stärkste Instrument", so der Ökonom.
Weitere Gründe für den Kursverfall
Andere Analysten bezweifeln, dass China den Yuan als Waffe im Handelskrieg einsetzen will. "Dafür sehe ich keine Belege", sagte Cliff Tan von Mitsubishi Financial in Hong Kong. "Die Chinesen wollen Trump nicht noch weiter verärgern." Er und andere erklären den Kursverfall mit dem Streik und den Protesten in Hongkong. "Was dort gerade passiert sorgt für ein hohes Maß an Unsicherheit und Nervosität", so ING-Ökonom Carnell.
Für US-Präsident Trump ist die Sache bereits klar. "Währungsmanipulation!", twitterte er am Montag kurz nach dem Aufstehen. Und in Richtung seiner eigenen Zentralbank: "Hört ihr zu?"
Die Federal Reserve hatte die Leitzinsen in den USA erst in der vergangenen Woche gesenkt, obwohl es dafür nach Ansicht von Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, keine ökonomische Notwendigkeit gab. Trump hatte sogar auf eine wesentlich stärkere Zinssenkung gedrängt. Sein Tweet von Montag deutet nun darauf hin, dass er den schwächeren Yuan nun für eine weitere Zinssenkung in den USA nutzen will. Niedrigere Zinsen schwächen den Dollar und machen US-Waren im Ausland wettbewerbsfähiger.
Droht ein Abwertungswettlauf?
Kein Wunder also, dass manche schon wieder einen Währungskrieg befürchten. Eine Einigung im Handelsstreit würde dadurch noch unwahrscheinlicher. "Wir glauben nicht, dass es in absehbarer Zeit Fortschritte bei der Lösung des Handelskonflikts geben wird", sagte Ray Attrill, Währungsstratege der National Australia Bank in Sydney. "Es ist jedenfalls unrealistisch anzunehmen, dass die derzeitige Verhandlungstaktik Früchte tragen wird."
Rob Carnell von der ING-Bank sieht das ähnlich. Niemand habe damit gerechnet, dass Trump kurz nach dem Ende der Handelsgespräche am Mittwoch neue Zölle verhängen würde. Das werfe für China viele Fragen auf. "Sie fragen sich, ob die Menschen, mit denen sie verhandeln, überhaupt etwas zu sagen haben. Und natürlich wollen sie in Verhandlungen keine Zugeständnisse machen und anschließend Strafzölle kassieren, denn dann verlieren sie gleich doppelt", so Carnell.