Ypern: Die vergebliche Schlacht
Die "Erste Flandernschlacht" bei Ypern brachte 1914 hunderttausenden Soldaten den Tod - aber keine Entscheidung. Ein Jahr später wurde erstmals Giftgas eingesetzt.
Der Beginn des Grabenkrieges
Nach dem deutschen Überfall auf das neutrale Belgien kam die Westfront Ende 1914 zum Stehen. Der größte Teil des Landes war von den Deutschen besetzt, doch bei Ypern hielten Franzosen, Briten und belgische Soldaten die Eindringlinge in Schach. Die "Erste Flandernschlacht" dauerte einen Monat - sie war aber erst der Beginn eines zermürbenden Grabenkrieges zwischen Deutschen und Alliierten.
Vorschmarsch und Rückzugsgefechte
Nach einem heftigen deutschen Angriff zieht sich am 31. Oktober ein britischer Versorgungstrupp auf der Straße von Ypern zurück. Deutsche und alliierte Truppen rangen sich in quälenden Stellungskriegen gegenseitig Meter für Meter Gelände ab, ohne dass es von einer Seite zu einem Durchbruch kam.
Der Mythos von Langemark
Die erste große Flandernschlacht wurde vor allem durch die Behauptung bekannt, dass weite Teile der deutschen Korps aus jungen Freiwilligen bestand: Schüler, Studenten, Lehrlinge. Der Mythos vom "Opfergang der deutschen Jugend" war aber von der deutschen Führung erfunden worden, um ihr eigenes Versagen zu überdecken, wie die miserable Ausbildung, mangelhafte Ausrüstung und schlechte Führung.
Opfer auf allen Seiten
Bereits bei der Aufstellung der Truppen kam es zu Engpässen: Es fehlte nicht nur an Gewehren und Sätteln für die Pferde, sondern sogar am nötigen Schuhzeug. Die Folge: Allein auf deutscher Seite verloren bis Ende November rund 100.000 Soldaten ihr Leben. Aber auch bei den Alliierten gab es tausende Opfer.
Verluste ohne Sieg
Die deutsche Führung konnte ihr Ziel nicht erreichen: Es gelang nicht, die britischen Truppen durch einen gezielten Angriff entlang der Kanalküste von ihren Versorgungslinien abzuschneiden. Es folgten weitere zermürbende Schlachten in Flandern, bis es im April 1915 zu einem weiteren Zivilisationsbruch kam, als deutsche Truppen zum ersten Mal Chlorgas einsetzten.
Spuren der Zerstörung
Ganze Landstriche im Raum der belgischen Kanalküste wurden bei den zähen Stellungsgefechten zwischen dem 20. Oktober und dem 18. November 1914 dem Erdboden gleichgemacht. Belgische Truppen fluteten zusätzlich das Gebiet. Diese Taktik erwies sich zwischenzeitlich als Erfolg, weil die deutschen Divisionen nicht weiter vordringen konnten.
Sinnlose Zerstörungswut
Am 4. November 1914 ließ General Berthold Deimling ohne militärischen Grund und gegen die ausdrückliche Weisung seines Oberbefehlshabers die berühmten mittelalterlichen Tuchhallen von Ypern in Schutt und Asche legen. Schon im zweiten Kriegsjahr war die umkämpfte flämische Stadt in weiten Teilen zerstört.
Leidende Zivilbevölkerung
Im Zentrum Yperns wurden schon während der ersten Bombardierungen Ende Oktober 1914 zahlreiche historische Gebäude und Wohnhäuser beschädigt. Menschen versuchten, wenigstens die wichtigsten Habseligkeiten aus ihren zerstörten Häusern zu retten. Nur etwa 8000 der 35.000 Einwohner harrten während des Krieges in ihrer Stadt aus.
Instrumentalisieren und Erinnern
In Langemark befindet sich einer der vier deutschen Soldatenfriedhöfe in Belgien. Dort liegen die Gebeine von über 44.000 Soldaten. Die nationalistische Instrumentalisierung der Schlacht fand auch nach dem Ersten Weltkrieg seine Fortsetzung: Die militärische Niederlage wurde in einen moralischen Sieg umgedeutet. Heute wird aber immer wieder gemeinsam mit dem einstigen Gegner der Toten gedacht.