Xi Jinping will Macht zementieren
17. Oktober 2017Laut Parteisatzung wird die KP von einem "Kollektiv" geführt, das aus "Personen mit jeweils eigenen Zuständigkeiten" besteht. Dieses Kollektiv ist nichts anderes als der Ständige Ausschuss des Politbüros. Im internen Sprachgebrauch ist das derzeit die "Parteizentrale mit Genossen Xi Jinping als Kern". Allerdings ist seit Anfang des Jahres in der Partei nur noch von "Xi-Kern" als Abkürzung die Rede, die "Parteizentrale" als Führungskollektiv ist verschwunden.
Auch die Begrüßung Xi Jinpings durch die Soldaten bei Paraden hat sich geändert. Nach Armeevorschrift lautet der Gruß seit 1984: "Seien Sie gegrüßt, Herr Kommandeur!" Doch war am 30. Juli anlässlich des 90-jährigen Jubiläums der Gründung der Volksbefreiungsarmee und zuvor bei den Feierlichkeiten der Rückkehr Hongkongs vor 20 Jahren nur zu hören: "Seien Sie gegrüßt, Vorsitzender Xi!"
Künftig Parteivorsitzender statt Generalsekretär?
Xi ist zwar Vorsitzender der Zentralen Militärkommission, aber die Grußformel könnte auch vorauseilend auf seine mögliche neue Funktion als Parteivorsitzender hinweisen. Von 1945 bis zum 12. Parteitag 1982 schrieb die Parteisatzung einen "Vorsitzenden des Zentralkomitees der KP Chinas" vor. Der erste Vorsitzende war Staatsgründer Mao Zedong, der letzte der Reformpolitiker Hu Yaobang.
Als Parteivorsitzender wäre Xi nicht mehr nur "Erster unter Gleichen", sondern würde über noch mehr Autorität im aus sieben Mitgliedern bestehenden Ständigen Ausschuss des Politbüros verfügen.
Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete unlängst, dass die Parteisatzung auf dem Parteitag geändert werden soll. Es wird spekuliert, dass die Führung als Kollektiv abgeschafft wird und damit der Weg für Xi frei wird, sich als Parteivorsitzenden zu installieren. Dazu wären nur minimale Änderungen der Satzung notwendig. Er müsste in Paragraph 22 nur drei Schriftzeichen ("Generalsekretär") streichen und zwei neue ("Vorsitzender") dazu schreiben lassen.
Xi bringt seine Verbündeten in Stellung
Allerdings könnte der Plan am Widerstand der Partei, insbesondere durch die ältere Generation, scheitern. Aber Xi stehen auch andere Wege zur langfristigen Absicherung seiner Machtposition offen, beispielsweise indem die Anzahl der Sitze im Ständigen Ausschuss von derzeit sieben auf fünf reduziert wird.
Wahrscheinlich müssen jetzt fünf von sieben Ständigen Mitgliedern aus Altersgründen ausscheiden, was Xi Gelegenheit gibt, loyale Nachfolger zu befördern. Insgesamt sollen im 25-köpfigen Politbüro bis zu zwölf Sitze neu besetzt werden.
"Xi wird seine Vertrauenspersonen im Politbüro installieren", sagt Chinas Parteihistoriker Zhang Lifan im DW-Interview, "auch wenn sie derzeit noch nicht ganz hohe Parteiämter bekleiden. Das Personalkonzept steht so gut wie fest."
Jugendliche Top-Favoriten
Einige der der Top-Favoriten für die Beförderung in den Ständigen Ausschuss sind relativ jung und könnten auch über den nächsten Parteitag im Jahr 2022 hinaus auf ihren Posten bleiben. Dazu gehören Hu Chunhua (54), Parteisekretär der wirtschaftsstärksten Provinz Guangdong und damit automatisch Politbüromitglied. Er hat Erfahrungen in der Verwaltung von potentiell unruhigen Minderheitenregionen wie Tibet und Innere Mongolei.
Li Shulei ist erst 53 Jahre alt. Er war Redenschreiber für Xi Jinping, als dieser Präsident der Parteischule war, der zentralen Kaderschmiede der KPCh. Li ist einer wichtigsten Verbündeten von Xi im Anti-Korruptionskampf.
Schließlich gehört Chen Miner mit 57 Jahren zu den jungen unter den Top-Favoriten. Er löste im Juli den Parteisekretär der zentralchinesischen 30-Millionen-Metropole Chongqing ab, der wegen Korruptionsvorwürfen geschasst wurde.
Was wird aus Ober-Korruptionsbekämpfer Wang Qishan?
Eigentlich gilt eine Altersgrenze für Chinas KP-Funktionäre, sie wird auch als "7 rauf, 8 runter"-Regel bezeichnet. Das bedeutet, dass ein KP-Kader im Politbüro bei begonnenem 68. Lebensjahr keine neue Amtszeit mehr antreten soll.
Am Beispiel der politischen Zukunft von Wang Qishan wird es interessant sein zu beobachten, ob die Regel weiterhin Gültigkeit hat. Der 69-jährige Wang ist Vorsitzender der Disziplinkontrollkommission und wichtigster Mitstreiter von Xis Antikorruptionskampagne. In dieser Eigenschaft war unter anderem für den Sturz des bisher ranghöchsten KP-Mitglieds verantwortlich. Zhou Yongkang saß mit Xi von 2007 bis 2012 im Ständigen Ausschuss. Ihn ließ Xi bekanntlich ebenso wie vorher Bo Xilai als gefährlichen Konkurrenten auf Nimmerwiedersehen hinter Gitter bringen.
Eigentlich müsste Wang nach der Regel also ausscheiden. Eine weitere Amtszeit würde Xi einen unbedingt loyalen Verbündeten im höchsten Machtgremium sichern und Wang vor Feinden schützen, die er sich durch seine Antikorruptionsarbeit gemacht hat. Er könnte sogar das Amt des Ministerpräsidenten erhalten, wenn er in der Rangfolge der Parteihierarchie im Ständigen Ausschuss von derzeit Nummer 6 auf 2 vorrückt.
Wie flexibel ist die Altersgrenze?
Xi ist im Politbüro für Personalentscheidungen die letzte Instanz. Sollte er sich dazu entscheiden, Wang eine Amtszeit für fünf Jahre zu ermöglichen, hätte das landesweit Signalwirkung. Ältere Kader in lokalen Parteiverbänden würden auf Wangs Fall hinweisen, um die eigene Amtszeit verlängern zu können.
Xi Jinping wird im Jahr 2022 69 Jahre alt. Manche Beobachter glauben, dass er eine dritte Amtszeit als Parteichef bis 2027 anstrebt. Bisher hatte kein Generalsekretär der KPCh länger als zwei Amtszeiten den Posten inne, auch wenn die Parteisatzung die Anzahl der Amtszeiten nicht begrenzt. Auch deswegen wird die politische Zukunft des ebenfalls 69-jährigen Wang mit großem Interesse verfolgt.