1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wärmepumpe: Wo ist der Hype geblieben?

Dirk Kaufmann
11. September 2024

Es ist das Lieblingsprojekt von Wirtschaftsminister Habeck: Statt mit fossilen Brennstoffen soll mit Wärme aus Luft oder Grundwasser geheizt werden. Doch jetzt ist die Nachfrage nach Wärmepumpen drastisch eingebrochen.

https://p.dw.com/p/4kMsK
Installation einer Wärmepumpe (Luft-Wasser-Wärmepumpe): Zwei Installateure bei der Montage
Installation einer WärmepumpeBild: Vaillant/BWP

Der Wirtschaftsminister versucht, den Einsatz von Wärmepumpen zur Heizung von deutschen Haushalten voranzubringen: Denn Robert Habeck will eine Zukunftstechnologie fördern, die das Zeug hat, in Deutschland Arbeitsplätze zu schaffen. Zudem ist die Wärmepumpentechnik, die die Umgebungsluft oder die Wärme des Grundwassers nutzt, relativ emissionsfrei. Auf jeden Fall dann, wenn die Wärmepumpe mit "grünem Strom", etwa durch Energie aus einer hauseigenen Photovoltaik-Anlage, betrieben wird. Und das ist ein Kernanliegen seiner Partei, der Grünen.

Dabei war er zunächst durchaus erfolgreich: Bis 2023 ist Produktion und Absatz von Wärmepumpen kontinuierlich gestiegen. Das vergangene Jahr brachte einen Rekord bei dieser Zukunftstechnologie.

Doch gleichzeitig deutete sich der aktuelle Rückgang bereits 2023 an: Bei Umsätzen auf Rekordniveau sanken die Produktionszahlen - und zwar dramatisch.

Massiver Rückschlag

Im August meldete die Deutsche Pressagentur: "Der Absatz der Geräte ist zuletzt massiv eingebrochen." Das Ziel der Bundesregierung sei gewesen, jährlich 500.000 installierte Wärmepumpen ab 2024 melden zu können. Stattdessen gab es eine herbe Enttäuschung: Gerade einmal 90.000 Wärmepumpen wurden im ersten Halbjahr verkauft, so der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) laut dpa. Das ist ein Minus von 54 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Malte Bei der Wieden vom unabhängigen Insitut für angewandte Ökologie (Öko-Institut) fällt dazu zuerst dieser Grund ein: Im Herbst 2023 sei eine attraktivere Förderung für 2024 angekündigt worden und es sei "wahrscheinlich, dass Hausbesitzende seitdem mit ihrem Förderantrag gewartet haben." Dann aber sei die neue Heizungsförderung zu spät und unzureichend auf den Weg gebracht worden: "Erst seit Ende Februar 2024 können Anträge gestellt werden von Personen, die ihr eigenes Haus bewohnen. Für Vermieter und Wohnungseigentümergemeinschaften kann erst seit kurzem ein Förderantrag gestellt werden."                                                     

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, im Bundestag
Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, hat oft nicht geschickt gehandelt - gerade beim Heizungsgesetz nichtBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Klarheit beim Heizungsgesetz gefordert

Auch der BDH sieht die Politik in der Pflicht. Der Bundesverband fordert größere Planungssicherheit: Es sei, so Markus Staudt, BDH-Hauptgeschäftsführer, der Agentur AFP zufolge "von zentraler Bedeutung, dass hier ein Signal des Vertrauens seitens der Bundesregierung an die Bürgerinnen und Bürger gesendet wird".

Außerdem, so Bei der Wieden vom gemeinnützigen Verein Öko-Institut im DW-Gespräch, habe "die Berichterstattung ums Heizungsgesetz für Unsicherheit gesorgt. Zum Teil mit Falschmeldungen, dass Wärmepumpen in unsanierten Bestandsgebäuden nicht funktionieren würden oder vorher das ganze Haus gedämmt werden müsse."

Und schließlich seien schon "während der Gaskrise sehr viele Wärmepumpen verbaut worden. Bei manchen dieser Gebäude wäre erst jetzt ein Heizungstausch an der Reihe. Diese Vorzieheffekte fehlen jetzt ebenfalls in den Absatzzahlen."

Verdichterstation für russisches Erdgas der Gascade Gastransport GmbH in Mallnow
Die Gasversorgungskrise als Folge des Ukrainekrieges hat den Wärmepumpen Auftrieb gegebenBild: Patrick Pleul/dpa ZB/picture alliance

Licht und Schatten bei Heizungsbauern

Enpal vertreibt Photovoltaik-Anlagen und Wärmepumpen und erwirtschaftete 2023 mit rund 1000 Mitarbeitern mehr als 900 Millionen Euro Umsatz. Die Berliner GmbH schrieb uns auf Anfrage: "Wir kommentieren grundsätzlich keine Marktentwicklungen". Allerdings bestätigten sie, "dass die Diskussion um das Wärmegesetz des Bundestags Einfluss genommen hat". Dennoch wolle man aber nicht klagen, so Dr. Wolfgang Gründinger von Enpal zur DW: "Wir sehen weiterhin ein stark steigendes Interesse an der Wärmepumpe."

Laut der Nachrichtenagentur dpa sieht es bei anderen Wettbewerbern durchaus ernst aus. So habe die Klimatechnik-Tochter von Bosch einen Einbruch bei den Bestellungen zugeben müssen. Die Nachfrage sei um den Jahreswechsel 2023/2024 stark eingebrochen - auch wegen der lange unklaren Heizungsförderung. Bei zwei weiteren Branchenschwergewichten stünden sogar Stelleneinsparungen in jeweils dreistelliger Höhe an: Bei Stiebel Eltron und beim Heiztechnik-Hersteller Vaillant hat man schwer mit der Absatzflaute zu kämpfen.

Wärmepumpen-Produktion schon 1979 bei Stiebel Eltron
1979: Bei Stiebel Eltron werden schon seit fast einem halben Jahrhundert Wärmepumpen gebautBild: BWP/Stiebel Eltron

"Die Wärmepumpe eignet sich"                           

Doch Malte Bei der Wieden vom Öko-Institut sieht keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Wärmepumpen seien "technisch ausgereift, zuverlässig und effizient - auch in den meisten unsanierten Gebäuden bei kalten Temperaturen." Auch Enpal-Manager Wolfgang Gründiger erzählt, "dass immer noch viele Fehlinformationen über die Wärmepumpe kursieren." Doch dem werde "durch Aufklärungsarbeit" entgegengewirkt.    

Bei der Wieden verschweigt nicht, dass einer "Heizungsrevolution" in Deutschland noch Hürden im Wege stehen. So seien "die Geräte in Deutschland teurer als in anderen Ländern. Auch der Strompreis ist in Deutschland höher. Es gibt auch Gebäude mit sehr schlechter Energieeffizienz, die tatsächlich vorher saniert werden müssen, bevor eine Wärmepumpe sinnvoll betrieben werden kann." Dennoch, das hält er DW gegenüber fest: "Für den Großteil der Gebäude in Deutschland eignet sich die Wärmepumpe aber - ohne große Dämmarbeiten."

Wird sich der Trend der vergangenen Jahre mittel- und langfristig fortsetzen?

Keine Angst vor Chinas Wärmepumpen

Inzwischen gehe es aber schon wieder aufwärts, sagt Wolfgang Gründinger: "Wir verzeichnen eine stark wachsende Nachfrage müssen unsere Kapazitäten kontinuierlich an das steigende Interesse anpassen." Dabei müsse man auch keine Konkurrenz aus Fernost fürchten: "Mit unseren hiesigen Partnern haben wir bisher sehr gute Erfahrungen gemacht und vertrauen weiterhin auf ihre Kompetenz."

Das sieht Bei der Wieden genauso: "Bei der Entscheidung für eine Heizung geht es um Vertrauen zu den Fachleuten vor Ort. Das Vertriebsnetzwerk von Handwerk und deutschen Produzenten ist sehr gut eingespielt."

Hier werde es für die chinesische Konkurrenz schwierig, dazwischen zu kommen, so Bei der Wieden zur DW. Allerdings belebe Konkurrenz das Geschäft: "Für Verbraucher ist zusätzliche Konkurrenz vorteilhaft. Insbesondere für Luft-Luft-Wärmepumpen, die ohne ein zentrales Heizungssystem funktionieren, gibt es noch eine Marktlücke in Deutschland."