Wo sind die Rettungs-Milliarden?
20. Mai 2013Fünf Staaten der Euro-Währungsgemeinschaft bekommen Hilfskredite aus den Rettungsfonds der Euro-Zone, die von den übrigen zwölf Euro-Staaten finanziert werden. Dazu kommen Notkredite vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und bilaterale Kredite der solventen Staaten an die Pleitekandidaten. Wer bekommt eigentlich wie viel, um Banken zu retten und Staatsausgaben zu decken? Ein Überblick:
Zypern: Neun Milliarden vom Rettungsfonds
Die ersten drei von neun zugesagten Milliarden Euro will der Europäische Stabilitäts- Mechanismus (ESM) noch in diesem Monat an die Regierung in Nikosia überweisen. Der ESM ist der permanente Rettungsfonds der Euro-Währungsgemeinschaft. Er trägt die Hauptlast des jüngsten Rettungspakets. Eine weitere Milliarde bekommt Zypern vom Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington, in den neben vielen anderen auch die Staaten der Europäischen Union einzahlen. Weitere sechs bis zehn Milliarden Euro besorgt sich Zypern durch eine Enteignung von Sparern und Anlegern, die mehr als 100.000 Euro bei bestimmten maroden Banken auf dem Konto haben. Russland hat Zypern Zinserleichterungen auf laufende Kredite gewährt. Insgesamt hat die Mittelmeerinsel einen Finanzbedarf von 23 Milliarden Euro. Das Hilfspaket des Euro-Rettungsschirms ESM läuft zunächst drei Jahre.
Griechenland: 350 Milliarden Euro verschlingt die Rettung mindestens
In mehreren miteinander verschachtelten Rettungspaketen haben die Europäische Union, einzelne Mitgliedsstaaten und der Internationale Währungsfonds Griechenland 240 Milliarden Euro zugesagt. Das mit Abstand größte Programm wird noch vom Rettungsfonds EFSF abgewickelt, dem provisorischen Vorgänger des permanenten ESM. Von den zugesagten Rettungsmilliarden hat der Rettungsfonds EFSF nach Angaben der EU-Kommission bislang 116 ausgezahlt. Übrig sind noch 28 Milliarden. Von einzelnen Euro-Staaten hat Griechenland bilaterale Kredite in Höhe von 53 Milliarden Euro bekommen. Der Internationale Währungsfonds hat bislang rund 20 Milliarden ausgezahlt. Von privaten Gläubigern holte sich Griechenland durch einen Schnitt bei seinen Staatsanleihen 107 Milliarden Euro, so dass insgesamt rund 350 Milliarden Euro für die Rettung anzusetzen sind. Das laufende Rettungsprogramm der europäischen Partner ist noch bis Ende 2014 durchfinanziert. Erst im Jahr 2020 soll Griechenland wieder einen Schuldenstand erreichen, der als "tragfähig" gilt.
Irland: 85 Milliarden um marode Banken aufzufangen
Ende des Jahres 2013 läuft das Hilfsprogramm für Irland aus. Dann soll das Land wieder Kredite an den Finanzmärkten erhalten. Von den 85 Milliarden Euro, die der ehemalige keltische Tiger zur Sanierung seines Bankensektors brauchte, hat Irland aus Staatsvermögen und Pensionsfonds 17,5 Milliarden Euro selbst aufgebracht. Die restlichen 67,5 Milliarden kommen aus gemeinschaftlichen Mitteln aller EU-Staaten (22,5), aus dem Rettungsfonds EFSF der 17 Euro-Staaten (12,8), vom Internationalen Währungsfonds (20) und aus einem Kredit Großbritanniens (3,8). Irland hat nicht alle zugesagten Mittel abgerufen. Beim Rettungsfonds EFSF stehen noch fast 5 Milliarden Euro bereit.
Portugal: Das kleinste Paket
Gemessen an der Bevölkerungszahl benötigt Portugal die geringsten Hilfen von der internationalen Gemeinschaft. Die bewilligten 78 Milliarden Euro machen pro Kopf in Portugal etwa 7000 Euro aus. Zum Vergleich: In Griechenland sind über 30.000 Euro pro Kopf an Hilfsleistungen fällig. Das Kreditprogramm für Portugal läuft Ende 2014 aus. Dann soll das Land wieder Staatsschulden an den privaten Märkten aufnehmen können. Etwas mehr als 60 Milliarden Euro hat Portugal inzwischen aus dem Rettungsprogramm abgerufen. Die Hilfszusagen verteilen sich gleichmäßig auf den Euro-Rettungsfonds EFSF, die Europäische Union und den Internationalen Währungsfonds mit je 26 Milliarden Euro.
Spanien: Sonderfall Banken
Zur Rekapitalisierung seiner durch die Immobilienkrise angeschlagenen Banken hat Spanien eine Summe von bis zu 100 Milliarden Euro beim permanenten Rettungsfonds ESM beantragt. Das Geld fließt nicht in den spanischen Staatshaushalt, sondern geht mehr oder weniger direkt an die Banken. Darum muss Spanien auch nicht ganz so harte Sparmaßnahmen gegenüber der Euro-Zone und dem ESM nachweisen wie die anderen so genannten "Programmländer" Irland, Portugal, Griechenland und jetzt Zypern. Von den verfügbaren 100 Milliarden hat Spanien rund 41 Milliarden abgerufen. Sollten die Banken das Geld nicht zurückzahlen können, haftet der spanische Staat gegenüber den Geberländern, also den übrigen 16 Euro-Zonen-Mitgliedern.
Rettungsfonds ist noch nicht leer
Staaten, die Hilfen aus dem europäischen Rettungsfonds erhalten, zahlen selbst in diesen nicht mehr ein. Das heißt, je mehr Staaten Hilfen beantragen, desto höher wird der Anteil für die verbleibenden solventen Staaten. Deutschland garantiert rund 27 Prozent der Kredite, Frankreich 20 Prozent, Italien 18. Rund 205 Milliarden Euro haben die beiden Rettungsfonds EFSF (155) und ESM (50) inzwischen verliehen. Der Chef der Rettungs-Behörde in Luxemburg, Klaus Regling, versicherte zuletzt im April, dass die Schatullen gut gefüllt seien. Der permanente ESM verfüge - selbst nach der Auszahlung aller Hilfen für Zypern - noch über rund 90 Prozent seiner Feuerkraft, die bei 500 ausleihbaren Milliarden liegt. Der ESM leiht sich das Geld, gedeckt von Eigenkapital und Bürgschaften der Mitgliedsstaaten, selbst am Kapitalmarkt, um es dann zu günstigen Konditionen an die Krisenstaaten weiterzureichen. Die Laufzeiten für ESM-Kredite beispielsweise an Griechenland betragen bis zu 30 Jahre. Ob und wie das Geld je zurückgezahlt werden kann, ist offen.
Auch Ungarn, Rumänien und Lettland haben Hilfskredite während der Finanzkrise erhalten. Die Länder sind nicht Mitglieder der Euro-Währungsgemeinschaft und haben ihre Hilfen deshalb direkt von der Europäischen Union oder dem Internationalen Währungsfonds erhalten. Ungarn hat die beanspruchten Kredite in Höhe von 14 Milliarden Euro bereits wieder zurückgezahlt. Lettland beginnt mit der Rückzahlung von 4,5 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Rumänien soll seine insgesamt 19 Milliarden Euro an Notkrediten von 2015 an abtragen.