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Wirtschaftskrise gefährdet Menschenrechte

28. Mai 2009

Die Wirtschaftskrise wird nach Einschätzung von Amnesty International die Lage der Menschenrechte weltweit deutlich verschlechtern. Das zeigt die Menschenrechtsorganisation in ihrem neuen Jahresbericht auf.

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Symbolbild Amnesty-Jahresbericht 2009 (Foto: dpa)
Jahresbericht 2009 von Amnesty InternationalBild: picture alliance/dpa

Die Krise werde voraussichtlich 50 bis 90 Millionen Menschen zusätzlich in die Armut treiben, warnte der Europa-Chef von Amnesty International, Nicolas Beger, bei der Vorstellung des Jahresberichtes am Donnerstag (28.05.2009) in Berlin. Arme Menschen hätten kaum eine Chance, sich gegen Gewalt zu wehren oder ihre Rechte durchzusetzen. So hätten zur Zeit rund vier Milliarden Menschen keinen Zugang zur Gerichtsbarkeit, also knapp zwei Drittel der Weltbevölkerung.

Kritik an einzelnen Staaten

Arbeitslose Wanderarbeiter in Peking (Foto: AP)
Arbeitslose Wanderarbeiter in der chinesischen Hauptstadt PekingBild: AP

Besonders auf dem ärmsten Kontinent Afrika könnten laut Amnesty-Bericht Unruhen und Gewalt zunehmen und in Europa sei eine stärkere Tendenz zu Ausgrenzung und Rassismus zu erwarten. Deutlich kritisiert werden zum Beispiel die Staaten Senegal und China, weil sie das Recht auf Meinungsfreiheit besonders schwer verletzt haben. So seien im Senegal Proteste der Bevölkerung gegen die Erhöhung der Lebensmittelpreise gewaltsam von der Staatsmacht unterdrückt worden. Dabei habe es viele Tote gegeben. In China hätten die Behörden Demonstrationen von Wanderarbeitern niedergeschlagen, die mit als erste in Massen von der Wirtschaftskrise betroffen waren.

Vorwurf gegen Deutschland

Demo gegen Abschiebung (Foto: dpa)
Proteste gegen Abschiebung in DeutschlandBild: picture-alliance / dpa

Amnesty kritisiert aber auch ein weiteres Mal die deutschen Rechtspraktiken. Der stellvertretende Generalsekretär der deutschen Amnesty-Sektion, Wolfgang Grenz, warf Deutschland vor, das absolute Folterverbot indirekt zu untergraben. So gebe es in der deutschen Justiz zunehmend die Tendenz, durch Folter in anderen Ländern entstandene Aussagen in Ermittlungsverfahren zu verwenden. Das leiste der Folter Vorschub. Grenz kritiserte dabei besonders, dass Deutschland Terrorverdächtige in Länder abschiebe, in denen ihnen Folter drohe.

Das führe unter anderem dazu, dass die Gesundheitsversorgung von so genannten "irregulären" Migranten zu einem gravierenden Problem geworden sei. Betroffene ließen sich häufig trotz massiver gesundheitlicher Probleme nicht behandeln. Zwar müssten die Sozialämter auch diesen "Migranten ohne Papiere" einen Krankenschein ausstellen, die Ämter seien aber auch dazu verpflichtet, die fehlende Aufenthaltsberechtigung zu melden. Deswegen mieden die Betroffenen den Arztbesuch aus Angst vor Abschiebung.

Menschenrechtsverletzungen in Europa

Insgesamt beklagen die Menschenrechtler von Amnesty in ihrem 46.Jahresbericht, dass 81 von 157 untersuchte Länder die Meinungsfreiheit nicht gewährleisten oder verletzen. Das sei auch in sechs EU-Staaten der Fall. Genannt werden Bulgarien, Tschechien, Griechenland, Ungarn, Litauen und Lettland. In diesen Ländern werde die Meinungsfreiheit vor allem mit sexueller Diskrimierung unterdrückt. So können zum Beispiel Homosexuelle nicht für ihre Rechte eintreten.

Protest von Sinti und Roma in Italien (Foto: dpa)
Angehörige der Sinti und Roma protestieren in Rom gegen ihre DiskriminierungBild: picture-alliance/dpa

Ein anderes Beispiel sei, wie die Minderheitsrechte der Roma in Europa nach wie vor mit Füßen getreten würden. So sei der Zugang der Roma zu Bildung, Wohnraum, Arbeit und Gesundheitswesen vor allem in Italien, Tschechien und Ungarn derart eingeschränkt oder verwehrt, dass dies zuweilen Züge einer Apartheidspolitik annehme, heißt es in dem Amnesty-Bericht. Viele Roma lebten regelrecht in Ghettos und müssten ständig Zwangsräumungen befürchten. Außerdem würden viele ihrer Kinder nur in Sonderschulen - teilweise für geistig Behinderte - zugelassen oder gingen gar nicht zur Schule.

"Gemischte Bilanz" für den US-Präsidenten

Häftlinge in Guantanamo (Foto:dpa)
Häftlinge in dem umstrittenen US-Militärgefängnis Guantanmo warten auf ihre FreilassungBild: dpa

Die bisherige Amtszeit von Barack Obama habe weniger für die Menschenrechte gebracht als erwartet, bescheinigt Amnesty dem neuen Mann im Weißen Haus. Seit der Amtsübernahme sei gerade mal ein Gefangener aus dem umstrittenen Militärgefängnis Guantanamo entlassen worden. Die von Obama angekündigte Schließung des Gefängnisses sei noch in weiter Ferne. Die Menschenrechtler begrüßten zwar Obamas Absage an die Folter; man sei aber bestürzt, dass der Präsident CIA-Mitarbeiter, die gefoltert hätten, vor strafrechtlicher Verfolgung schütze. Auch die rechtswidrigen Militärtribunale gegen Terrorverdächtige in Guantanamo müssten endlich abgeschafft werden. (bu/chr/dpa/ap/rtr)