Tiefrote Zahlen in Europa
31. August 2020In Italien starben bislang mehr als 35.500 Menschen, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Zusätzlich erwartet die nach Deutschland und Frankreich drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone eine starke Rezession in diesem Jahr wegen der massiven Einschränkungen im Kampf gegen die Pandemie. Allein im zweiten Quartal zwischen April und Juni ist das italienische Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 12,8 Prozent zum Vorquartal geschrumpft. Ein Rekordtempo, wie das nationale Statistikamt mitteilte. Bisher war man von einem Minus von 12,4 Prozent ausgegangen. Damit traf die Pandemie Italien deutlich stärker als die deutsche Wirtschaft, die um 9,7 Prozent einbrach.
Die EU-Kommission rechnet damit, dass Italiens Wirtschaft im Gesamtjahr um 11,2 Prozent einbricht. Die offizielle Prognose der Regierung in Rom liegt bei einem Minus von acht Prozent. Doch Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri hat bereits signalisiert, dass diese Schätzung wohl noch gesenkt werden müsse. Gualtieri betonte jüngst allerdings auch, dass das laufende dritte Quartal nun starkes Wachstum bringen dürfte.
Polens Wirtschaft schrumpft
Auch in Polen ist die Wirtschaft wegen der Corona-Krise deutlich eingebrochen. Das BIP schrumpfte im zweiten Quartal um 8,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das teilte die Statistikbehörde GUS in Warschau mit. Im ersten Quartal war die polnische Wirtschaft noch um zwei Prozent im Vergleich zum ersten Vierteljahr 2019 gewachsen.
Spanien hofft auf drittes Quartal
Spaniens BIP hat im zweiten Quartal einen Rekordeinbruch von 18,5 Prozent zum Vorquartal durchgemacht. Nun macht die Wirtschaft laut der Regierung aber große Fortschritte auf dem Weg der Erholung. Im laufenden dritten Quartal zeichne sich ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts um mehr als zehn Prozent ab, sagte Wirtschaftsministerin Nadia Calvino.
Insbesondere am Arbeitsmarkt sei eine starke Erholung im Gang. Im Zuge der Virus-Krise ist auch die ohnehin hohe Arbeitslosigkeit in Spanien massiv gestiegen. Zwischen April und Juni ging eine Million Jobs verloren - so viele wie nie zuvor in einem Quartal. Insbesondere der für das Land wichtige Tourismussektor wurde von der Krise hart getroffen.
Schwedens Sonderweg und die wirtschaftlichen Folgen
In Schweden ist die Wirtschaftskraft wegen der Corona-Krise zwar drastisch gesunken, der konjunkturelle Rückschlag war in den Monaten April bis Juni aber weniger schlimm als in anderen europäischen Staaten. Im zweiten Quartal schrumpfte das BIP im Vergleich zum Vorquartal um 8,3 Prozent, wie die schwedische Statistikbehörde am vergangenen Freitag in Stockholm mitteilte.
Schweden beschritt in der Corona-Krise einen Sonderweg mit verhältnismäßig lockeren Beschränkungen. Schulen, Restaurants und Geschäfte blieben durchgehend offen. Das Vorgehen ist umstritten - auch weil das Land im Vergleich zu anderen skandinavischen Staaten eine hohe Zahl von Neuinfektionen und Todesfällen auswies.
Dennoch ist der Rückgang der schwedischen Wirtschaftsleistung im zweiten Jahresviertel der stärkste seit Beginn der Aufzeichnung von Quartalszahlen im Jahre 1980. Bereits im ersten Jahresviertel hatte die Corona-Krise die schwedische Wirtschaft gebremst, das BIP konnte in den Monaten Januar bis März aber noch leicht um 0,2 Prozent im Quartalsvergleich zulegen.
Türkei mit historischem Minus
Die Wirtschaft in der lange boomenden Türkei hat kräftig gelitten. Nach Angaben des türkischen Statistikamts lag die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal elf Prozent unter dem Niveau des ersten Quartals. Das ist der stärkste Rückgang seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1998.
Im Vergleich zum Vorjahresquartal fiel die Wirtschaftsleistung um 9,9 Prozent. Auch dieser Einbruch ist heftig, allerdings nicht so stark wie befürchtet. Analysten hatten im Durchschnitt einen Rückgang um 10,7 Prozent erwartet. Zudem ist der Einbruch weniger stark als in anderen Schwellenländern.
Die Türkei hat sich gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie mit einer lockeren Geldpolitik und zahlreichen Kreditprogrammen gestemmt. Vor allem die lockere Geldpolitik hat aber dazu geführt, dass die Landeswährung Lira gehörig unter Druck steht. Wegen der relativ niedrigen Zinsen und der zugleich hohen Inflation liegt der für Investoren maßgebliche Realzins im negativen Bereich. Das sorgt für ein Abebben des ausländischen Kapitalflusses, auf den die Türkei wegen ihres chronischen Leistungsbilanzdefizits aber angewiesen ist.
Japan schöpft Hoffnung
Japans Industrieproduktion kommt nach dem Einbruch infolge der Corona-Krise wieder langsam auf Touren. Im Juli wuchs sie den zweiten Monat in Folge und legte um acht Prozent gegenüber dem Vormonat zu, wie die Regierung auf vorläufiger Basis bekanntgab. Vor allem die Auto- und Autoteilehersteller trugen maßgeblich dazu bei, dass die Industrieproduktion der vor Deutschland drittgrößten Volkswirtschaft der Welt kräftig anzog. Im Juni hatte Japan bereits einen Zuwachs von 1,9 Prozent verzeichnet.
In der Autoindustrie erhöhte sich der Ausstoß im Juli um 38,5 Prozent im Vergleich zum vorangegangenen Monat. Dennoch liegt das Produktionsniveau des Landes insgesamt immer noch deutlich unter dem Stand vor der Pandemie. Man erwarte zwar in den kommenden Monaten eine moderate Erholung. Die vom Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie befragten Hersteller gehen davon aus, dass die Produktion im August um vier Prozent und im September um 1,9 Prozent steigen wird. Doch werde es noch dauern, bis die Industrie wieder den Stand von vor der Krise erreicht habe, hieß es.
iw/AL (dpa, rtr)