Wird Barley SPD-Europa-Spitzenkandidatin?
16. Oktober 2018Offenbar hat sie länger gezögert, auch, weil ihr das Amt als Justizministerin sichtbar Spaß macht: Aber nach übereinstimmenden Berichten mehrerer Medien in Berlin wird Katarina Barley Spitzenkandidatin der deutschen Sozialdemokraten für die Europawahl im kommenden Mai. Weiter hieß es, noch in dieser Woche werde das offiziell verkündet. Das würde sich dann mit einer kurzen Äußerung von SPD-Chefin Andrea Nahles am Dienstag decken: "Was ich Ihnen bestätigen kann, ist, dass ich einen hervorragenden Vorschlag für die Spitzenkandidatur der SPD in Europa machen kann. Und das werden wir Ihnen auch in Kürze vorstellen", sagte die Parteichefin vor einer Sitzung ihrer Fraktion.
Eine deutsch-britische Juristin
Wechselt die 49 Jahre alte Ministerin tatsächlich nach Brüssel, müsste sie ihr Amt aufgeben, das sie erst in diesem Frühjahr nach den quälenden Koalitionsverhandlungen mit Angela Merkels CDU und Horst Seehofers CSU übernommen hatte. Barley ist seit 2013 Mitglied des Bundestages, sie war SPD-Generalsekretärin und kurzzeitig auch Familienministerin. Geht sie tatsächlich nach Brüssel, kämen ihr auch ihre sehr guten Sprachkenntnisse zugute. Barley ist Deutsch-Britin, ihre Mutter ist eine deutsche Ärztin, ihr britischer Vater war Journalist bei der Deutschen Welle.
Martin Schulz sagte ab
Intern hatte es bei der SPD aber offenbar lange Diskussionen um die Spitzenkandidatur geben. Martin Schulz, der frühere Präsident des Europaparlaments, der dann als SPD-Kanzlerkandidat krachend scheiterte, wurde ins Spiel gebracht. Er lehnte die Rückkehr nach Brüssel aber ab. Jetzt erklärte er der "Süddeutschen Zeitung", die derzeitige Justizministerin sei eine "überzeugte und überzeugende Europäerin, die sich auf meine volle Unterstützung verlassen kann". Offenbar geht also auch Schulz davon aus, dass die Kandidatur auf Barley zuläuft.
Nahles unterstützt Timmermans als europäischen Spitzenkandidaten
Barley wird offenbar nur deutsche, nicht europäische Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten, anders als Schulz bei der letzten Europawahl. Diesmal geht der Niederländer Frans Timmermans für die europäischen Sozialdemokraten ins Rennen, ebenso wie Energie-Kommissar Maros Sefcovic aus der Slowakei. Timmermans oder Sefcovic könnten sich damit um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten bewerben, das derzeit von Jean-Claude Juncker, einem Konservativen, ausgeübt wird. Timmermans ist derzeit Junckers Vize-Chef in der Kommission. Der Spitzenkandidat der siegreichen Partei hat zumeist gute Chancen auf den Chefsessel der Kommission. Timmermans soll auch die Unterstützung von SPD-Chefin Nahles haben.
Zuletzt 27,3 Prozent der Stimmen
Die deutschen Sozialdemokraten hatten bei der letzten Europawahl mit Martin Schulz an der Spitze 27,3 Prozent der Stimmen geholt. Ein Ergebnis, über das sich die Partei nach der Talfahrt der letzten Monate im Inland sicher freuen würde. Kandidiert nun Katarina Barley, wie es sich derzeit abzeichnet, hätte die SPD eine frische und anerkannte Spitzenkandidatin im Rennen.