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Wird Frankreich Nord Stream 2 verteidigen?

Iurii Sheiko mo
15. März 2020

Washington plant erneut Sanktionen, diesmal gegen Firmen in der EU, die in die Ostseepipeline investieren. Darunter ist der französische Konzern Engie. Wie wird sich Paris in einem solchen Fall verhalten?

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Anlandestation der Nord Stream 2-Pipeline bei Greifswald
Bild: picture alliance/dpa/S. Sauer

Seit die USA 2019 Sanktionen gegen Unternehmen verhängt haben, die am Bau von Nord Stream 2 beteiligt sind, hängt das Gazprom-Projekt in der Schwebe. Für den Fall, dass es Moskau gelingt, die Verlegung der Rohre auf dem Grund der Ostsee wieder aufzunehmen, plant Washington laut Handelsblatt neue Sanktionen. Diesmal könnten sie europäische Unternehmen treffen, die in das Projekt investieren.

Nord Stream 2 gehört dem Energiekonzern Gazprom. Der russische Monopolist finanziert das Projekt jedoch nur zur Hälfte. Die andere Hälfte tragen fünf Unternehmen aus der EU: Uniper und Wintershall aus Deutschland, der britisch-niederländische Shell-Konzern, das österreichische Unternehmen OMV und die französische Engie-Gruppe. Doch wird Paris Berlin helfen, Nord Stream 2 zu verteidigen, sollte ein französisches Unternehmen von US-Sanktionen bedroht sein? Auf diese Frage erhielt die DW vom französischen Außenministerium keine Antwort.

Das Verlegeschiff des Offshore-Dienstleisters Allseas hat nach den US-Sanktionen seine Arbeit eingestellt
Das Verlegeschiff des Offshore-Dienstleisters Allseas hat nach den US-Sanktionen seine Arbeit eingestelltBild: picture alliance/dpa/B. Wüsteneck

Geopolitische Überlegungen

Ereignisse des vergangenen Jahres können helfen, die Position Frankreichs zu verstehen. Damals hatte Paris viele Beobachter dadurch überrascht, dass es die Ausweitung des Dritten Energiepakets der EU auf Gaspipelines aus Drittländern unterstützte. Dieser Schritt hatte die Umsetzung des Gazprom-Projekts erheblich erschwert, was in Berlin große Unzufriedenheit hervorrief.

Christian Egenhofer, Energieexperte des Brüsseler Centre for European Policy Studies (CEPS), geht davon aus, dass Paris für sein Vorgehen geopolitische Motive gehabt habe. Ihm zufolge könnte die französische Entscheidung ein Signal an Moskau gewesen sein, Versuche zu stoppen, sich in die inneren Angelegenheiten von EU-Ländern einzumischen, insbesondere in Wahlen.

2017 hatte das Wahlkampf-Team des jetzigen französischen Präsidenten Emmanuel Macron Russland vorgeworfen, eine Diskreditierung des damaligen Kandidaten zu betreiben. Doch in der zweiten Hälfte des Jahres 2019 verkündete Macron eine Annäherung an Russland. Egenhofer ist überzeugt, dass der französische Präsident zuvor gegenüber Moskau eine starke und harte Haltung demonstrieren wollte.

Gleichzeitig rät der Experte, kein Drama daraus zu machen, wenn Frankreich bei einer Gesetzesvorlage eine andere Position als Deutschland einnimmt. "Aus Sicht der europäischen Integration und der Energieunion ist es sinnvoll, Gaspipelines aus Drittländern den allgemeinen Regeln der EU unterzuordnen", sagte Egenhofer der DW.

Der französische Gasmarkt

Frankreich verbraucht vergleichsweise wenig Erdgas. Im Jahr 2018 betrug der Verbrauch etwas mehr als 40 Milliarden Kubikmeter. Das ist halb so viel wie in Deutschland. Frankreichs niedriger Gasverbrauch erklärt sich aus der Tatsache, dass es mehr als 70 Prozent seines Stroms in Kernkraftwerken erzeugt.

Zudem kann Frankreich einen großen Teil seines Bedarfs an Erdgas mit der Franpipe-Leitung decken, die aus norwegischen Gewässern via Nordsee nach Frankreich führt. Ihre jährliche Kapazität erreicht rund 20 Milliarden Kubikmeter. Ferner bezieht Paris Gas über Deutschland und Belgien. Schließlich gehört Frankreich zu den EU-Ländern, die am meisten Flüssigerdgas (LNG) importieren.

"Frankreich ist in den gut funktionierenden Gasmarkt Nordwesteuropas integriert. Daher ist es Frankreich, was die Energieversorgungssicherheit angeht, nicht so wichtig, ob Gas durch Nord Stream 2 fließt oder nicht", stellt Christian Egenhofer fest. Aus seiner Sicht liegt das Interesse von Paris darin, dass es möglichst viel Gas in Nordwesteuropa gibt, weil das die Preise senken würde. "Für Frankreich wäre zusätzliches russisches Gas etwas, was schön zu haben wäre, aber nicht unbedingt notwendig ist", sagt er und fügte hinzu, dass Paris kein beträchtliches politisches Kapital in die Verteidigung von Nord Stream 2 investieren werde.

Infografik Nord Stream 2 Pipeline

Engie investiert in das Gazprom-Projekt

Eine andere Frage ist, welche Konsequenzen ein Scheitern von Nord Stream 2 für Engie haben würde. Alle fünf europäischen Investoren haben sich verpflichtet, das Projekt mit jeweils 950 Millionen Euro zu finanzieren. Unter welchen Bedingungen ist nicht bekannt. Aber im Jahr 2017 hatte die Financial Times berichtet, es handele sich um Kredite.

Wie DW von Engie erfuhr, hat das Unternehmen bereits 700 Millionen Euro in das Projekt gesteckt. Doch das Unternehmen gibt nicht an, wann es die verbleibenden Mittel investieren will und ob dies überhaupt noch geschehen wird. Im Geschäftsbericht des Unternehmens für 2018 steht, dass Engie und andere Investoren das Recht hätten, die Investitionen in Nord Stream 2 einzustellen, sollten die USA Sanktionen verhängen.

Bei Uniper war damals zu lesen, dass bei einem Abbruch des Projekts die Forderungen der Rückgabe des investierten Geldes ausfallen könnten. Gleichzeitig wird im Geschäftsbericht des deutschen Unternehmens für 2018 betont, dass das Risiko des Verlusts von Mitteln geringer sei als bei "vergleichbaren Finanzanlagen". Denn die Vereinbarung sehe "vertragliche Rechte" für das deutsche Unternehmen vor, für den Fall, dass "bestimmte wesentliche Meilensteine" des Projekts nicht erreicht werden.

Engie lehnt es ab, die Rückzahlungsbedingungen für Kredite offenzulegen. Aufgrund der Geschäftsberichte kann jedoch davon ausgegangen werden, dass das Unternehmen nur einen Teil seiner Investitionen verlieren wird, sollte das Projekt gestoppt werden. Es sei darauf hingewiesen, dass Engie zu fast 25 Prozent dem französischen Staat gehört.

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