"Wir haben starkes Interesse am Technologietransfer aus Deutschland"
12. Mai 2006DW-WORLD.DE: Die Handelsbeziehungen zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Deutschland erleben eine rasante Entwicklung. Woran lag es, dass Direktinvestitionen zwischen den beiden Ländern bislang nicht so stark flossen?
Lunba al Qassimi: Die Nachfrage nach Investitionen hängt von beiden Seiten ab, aber auch von anderen Faktoren, wie der Doppelbesteuerung, der Wirtschaftlichkeit, dem Transfer des Kapitals. Was uns betrifft, so fördern wir gemeinsame Projekte und arbeiten daran, mehr davon zu erreichen. Zumal alle Investoren davon überzeugt sind, dass das Investitionsklima in beiden Ländern günstig ist. Ich denke, das Volumen des Handelsaustausches zwischen beiden Ländern, das sich im vergangenen Jahr auf 4,5 Milliarden Euro fast verdoppelte verglichen mit dem Jahr 2000, deutet auf eine gute Entwicklung der Investitionen zwischen den VAE und Deutschland. Dies bestätigt auch der Umfang der Exporte aus Deutschland in die Emirate, der jährlich rasant steigt.
In Unternehmerkreisen glaubt man, die Deutschen hätten spät die VAE als einen Investitionsstandort entdeckt. Sehen Sie das auch so?
Nein, dafür es ist nie zu spät. Im vergangenen Jahr verzeichneten die VAE ausländische Direktinvestitionen in Höhe von 18 Milliarden Euro. Ein Teil davon kommt, wie bereits erwähnt, aus Deutschland. Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um ausländische, und vor allem deutsche Investitionen in unserem Land zu fördern. Der Grund dafür liegt darin, dass Deutschland für uns ein wichtiges Industrie- und Technologieland ist. Zudem arbeiten wir daran, eine strategische Partnerschaft aufzubauen.
Die VAE sind besonders an deutscher Technologie interessiert. Wie steht es mit dem Umgang mit dieser Technologie im Land selbst?
Für die Förderung von Investitionen und den Transfer ausländischer und vor allem deutscher Technologie reicht es nicht aus, über die notwendigen Gelder zu verfügen. Dazu gehört unter anderem auch das Vorhandensein einheimischer und gut ausgebildeter Arbeitskräfte. Aus diesem Grund setzen wir alles daran, über die besten Universitäten und Fachhochschulen zu verfügen, damit die jungen Menschen der VAE die bestmögliche Ausbildung bekommen können. Parallel dazu gibt es Kooperationsprogramme mit den verschiedenen Unternehmen, so dass die Auszubildenden das Erlernte praktisch anwenden können. Das Interesse an deutscher Technologie ist zum einen auf die große Bedeutung Deutschlands als Wirtschaftspartner zurückzuführen und zum anderen auf seine Stellung als Industrieland.
Sie sind die erste arabische Frau, die das Amt eines Wirtschaftsministers bekleidet. Haben Sie Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit mit Ihren männlichen Kollegen?
Zunächst einmal gibt es viele arabische Frauen, die wichtige Ämter bekleiden, wie zum Beispiel Suher Al Ali die Planungsministerin in Jordanien. Aber das Besondere für mich ist, dass die Wirtschaft in der arabischen Welt bislang eine Männerdomäne war. Aber ich muss zugeben, dass ich jede erdenkliche Unterstützung von meinen Kollegen bekomme. Diese Unterstützung bekomme ich auch von den Unternehmern, die ich aufgrund meines Amtes treffe.
Eine letzte Frage, welche Rolle spielt das Internet im Ihrem Berufs- und Privatleben?
Wie Sie wissen, bin ich eine Fachfrau für Informationstechnologie und habe zwölf Jahre lang an der Entwicklung des Technologiesektors der "Dubai Ports Authority" gearbeitet, die zu den erfolgreichsten Unternehmen weltweit gehört. Was das Internet betrifft, kommuniziere ich täglich per E-Mail mit meinen Assistenten und Beratern in meinem Ministerium, selbst wenn ich mich im Ausland befinde. Zudem ist das Internet für mich, aufgrund der Zeitknappheit, der wichtigste Weg, mit Freunden Kontakt zu halten. Das Internet ist sicherlich weit mehr als nur das Senden und Empfangen von E-Mails. Es ist für mich eine Quelle, in der ich forsche und viel dazu lerne.
Interview: Ibrahim Mohammad
Übersetzung aus dem Arabischen: Muslih Husein