Winterdürre: Frankreich muss Wasser sparen
1. März 2023Mehr als einen Monat lang hat es in Frankreich weder geregnet noch geschneit - eine so lange Trockenphase im Winter gab es seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1959 nicht. Die Regierung unter Präsident Emmanuel Macron schlägt Alarm, auch angesichts der Sorge vor einem zweiten Dürre-Sommer.
"Die Abwesenheit von Regen seit inzwischen über 30 Tagen ist eine große Bedrohung für unsere Wasserreserven in diesem Sommer", machte der französische Regierungssprecher Olivier Véran nach einer Kabinettssitzung in Paris deutlich. Da jede Sekunde zähle, habe die Regierung die Präfekten aufgerufen, "ab sofort außerordentliche Maßnahmen zu ergreifen zur abgestuften und vorübergehenden Einschränkung oder zum Verbot der nicht vorrangigen Wassernutzung für Privathaushalte und Firmen."
Keine Baugenehmigungen mehr
In den Départements Pyrénées-Orientales, Var, Isère, Ain, Bouches-du-Rhône und Savoie wurden schon Einschränkungen getroffen, wie die Zeitung "Libération" berichtet. Das Bewässern von Gärten und Sportstadien, das Auffüllen von Swimmingpools oder das Autowaschen wurde verboten - eine für die Zeit des Jahres bisher nie da gewesene Beschränkung.
Im südfranzösischen Département Var hat die Gemeinde Callian bereits für die kommenden fünf Jahre den Bau neuer Swimmingpools wegen des Wassermangels verboten. Einige Bürgermeister in Var nahe der Mittelmeerküste entschieden, keine Baugenehmigungen mehr zu erteilen. "Es ist besser, wir sagen den Leuten, dass sie gar nicht erst bauen sollen, als dass wir sie am Ende nicht mit Wasser versorgen können", sagte der Bürgermeister von Montauroux, Jean-Yves Huet, dem Sender France Info.
Feinstaubalarm in Paris
In Paris und anderen Großstädten hat die lange Trockenzeit vor allem Auswirkungen auf die Luftqualität. Seit Jahresbeginn gibt es immer wieder Feinstaubalarm in Paris. Auf dem Land sind die Auswirkungen noch deutlicher zu erkennen: Flussläufe trocknen aus, der Wasserspiegel von Seen und Talsperren sinkt, Pflanzen sterben ab.
Im Cornières-Massiv, einem Ausläufer der Pyrenäen in der Nähe vom Mittelmeer, sterben mitten im Winter Stech-Eichen, Aleppo-Kiefern und wilde Olivenbäume ab - alles Bäume, die als besonders widerstandsfähig gelten. Gäbe es dort Waldbrände, würde sich das Feuer rasend schnell ausbreiten. Bereits im Februar brannten in der Nähe von Perpignan 60 Hektar Vegetation ab - ein extrem früher Zeitpunkt für einen Waldbrand.
Wasser war in Frankreich bisher immer in Fülle vorhanden. Das Land ist durchzogen von großen Flüssen wie der Loire, der Seine und der Rhône. Die Alpen und die Pyrenäen bringen die Wolken zum Abregnen. Und es gibt ausgedehnte Grundwasserreserven. Üblicherweise steigt der Grundwasserspiegel in den Wintermonaten wieder an. In diesem Jahr wäre das besonders wichtig, nach der Trockenheit im vergangenen Sommer. Doch der Grundwasserspiegel ist "zwei Monate im Verzug", wie Experten sagen.
Marode Leitungen verlieren ein Fünftel des Trinkwassers
Anfang März will Frankreichs Regierung einen nationalen Wasserplan vorstellen. Umweltminister Christophe Béchu räumte ein, bislang sei das Land sehr verschwenderisch mit Wasser umgegangen.
Allein ein Fünftel des Trinkwassers gehe in Frankreich durch marode Leitungen verloren. Zudem werde in dem Land weniger als ein Prozent des aufbereiteten Wassers wiederverwendet, etwa zum Sprengen von Grünflächen.
Italiener sollen ebenfalls weniger Wasser verbrauchen
Auch Italien leidet unter einer besorgniserregenden Trockenheit. Die Regierung von Giorgia Meloni plant deshalb eine Kampagne, um die Italiener dafür zu sensibilisieren, Wasser zu sparen. Außerdem soll ein Sonderkommissar mit weitreichenden Befugnissen ernannt werden, wie nach einem Treffen der Regierungschefin mit Ministern ihres Kabinetts in Rom bekanntgegeben wurde.
Italien litt im vorigen Sommer unter einer außergewöhnliche Dürre, die große Schäden vor allem in der Landwirtschaft verursachte. Angesichts fehlender Niederschläge wachsen jetzt die Sorgen vor einem noch trockneren Jahresverlauf als 2022.
se/as (afp, dpa)