Wieder Pleite für Johnson bei Nachwahlen
24. Juni 2022Die Konservativen des britischen Premierministers Boris Johnson haben bei zwei Nachwahlen schwere Niederlagen erlitten: Die Tories unterlagen am Donnerstag sowohl im Wahlkreis Tiverton and Honiton im Südwesten Englands als auch im Wahlkreis Wakefield in Nordengland bei Nachwahlen für je einen Sitz im britischen Unterhaus.
Tiverton and Honiton mehr als 100 Jahre konservativ
Die Konservativen verloren Tiverton and Honiton, wo sie seit mehr als 100 Jahren die Abgeordneten gestellt hatten, an die Liberaldemokraten. In Wakefield setzte sich die Labour-Partei durch.
Die Wahlen hatten als Stimmungstest für Johnson gegolten, der wegen der Affäre um Partys am Regierungssitz während des Corona-Lockdowns stark unter Druck steht. Der siegreiche Kandidat der Liberaldemokraten in Tiverton and Honiton, Richard Foord, sagte: "Heute Abend haben die Menschen in Tiverton und Honiton für Großbritannien gesprochen. Sie haben eine laute und klare Botschaft gesendet: Es ist Zeit für Boris Johnson zu gehen, und zwar sofort."
Die Pleite der Konservativen führte bereits zu ersten personellen Konsequenzen. Generalsekretär Oliver Dowden reichte seinen Rücktritt ein. Er könne nach den zwei "vernichtenden Niederlagen" nicht wie gewohnt weitermachen: "Jemand muss Verantwortung übernehmen, und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich unter diesen Umständen nicht im Amt bleiben kann."
Die Nachwahl in Tiverton and Honiton wurde nötig, weil der Abgeordnete Neil Parish sich im April nach Beschwerden darüber zurückgezogen hatte, dass er im Parlament auf seinem Mobiltelefon Pornos geschaut hatte. Die Nachwahl in Wakefield wurde angesetzt, nachdem der Abgeordnete Imran Ahmad Khan nach seiner Verurteilung wegen eines sexuellen Übergriffs auf einen 15-jährigen Jungen sein Mandat niedergelegt hatte. Die Tories hatten bereits im Dezember eine Nachwahl in dem als Konservativen-Hochburg geltenden Wahlkreis North Shropshire verloren.
Trotz der neuerlichen Wahlschlappe will Johnson seine Regierungsarbeit fortsetzen. Er werde auf die Wähler "hören", versicherte der Premierminister in britischen Sendern während eines Besuchs in Ruanda. Er fügte aber hinzu: "Wir werden weitermachen und auf die Sorgen der Menschen eingehen."
40 Prozent der Tory-Fraktion gegen Johnson
Johnson hatte vor zweieinhalb Wochen zwar ein Misstrauensvotum der konservativen Unterhausfraktion überstanden, gilt aber weiter als erheblich angeschlagen.
Damals stimmten 211 Abgeordnete der Tories für ihn, 148 verweigerten ihm das Vertrauen. Der Premierminister, der zugleich Parteichef ist, hat damit mehr als 40 Prozent seiner eigenen Abgeordneten gegen sich. Johnson war unter Druck geraten, nachdem Details über teils exzessive Feiern in seinem Amtssitz in der Londoner Downing Street während des Corona-Lockdowns ans Licht gekommen waren.
sti/jj (afp, rtr)