Großbritannien: Wieder Nervengift-Opfer
4. Juli 2018Wie Scotland Yard am Abend in London mitteilte, ist das im britischen Wiltshire erkrankte Paar ebenfalls dem Nervengift Nowitschok ausgesetzt worden. Zunächst hatten die Behörden von einer unbekannten Substanz gesprochen, inzwischen sind die Ermittler aber einen Schritt weiter. Das in Lebensgefahr schwebende britische Paar liege in derselben Klinik in Salisbury wie damals der ehemalige russische Doppelagent Sergej Skripal (67) und seine Tochter Julia (33). Die beiden leben inzwischen an einem unbekannten Ort.
Eine diplomatische Krise
Der Leiter der britischen Anti-Terror-Behörde erklärte, es lägen keine Hinweise vor, dass die beiden neuen Opfer gezielt ins Visier genommen worden seien. Nowitschok war in den 70er und 80er Jahren in der Sowjetunion entwickelt worden. Für den Anschlag auf Skripal hatte Großbritannien die russische Regierung verantwortlich gemacht, was diese zurückwies. Westliche Staaten und Russland hatten wegen der Krise zahlreiche Diplomaten gegenseitig ausgewiesen.
Die Polizei in der Grafschaft Wiltshire hatte bereits von einem "größeren Vorfall" gesprochen und ein Verbrechen nicht ausgeschlossen. Bei den Opfern handelt es sich um einen 45-Jährigen und eine 44-Jährige aus der Region, wie der stellvertretende Polizeichef Paul Mills berichtete. Zunächst sei die Frau am Samstag kollabiert, später mussten die Notärzte auch den Mann ins Krankenhaus bringen. Britische Medien spekulierten, ob das Paar möglicherweise unabsichtlich mit dem Gift in Berührung gekommen sein könnte.
Im vergangenen März waren im Zusammenhang mit dem Fall Skripal Teile der Innenstadt von Salisbury abgeriegelt worden. Der ehemalige Spion und seine Tochter waren bewusstlos auf einer Parkbank entdeckt worden. Nach dem neuen Vorfall wurden einige Bereiche in Salisbury und in dem Wohnort des Paares, Amesbury, rund 13 Kilometer weiter nördlich, vorsichtshalber abgesperrt. Die Gesundheitsbehörde ging aber nicht von einer "bedeutenden Gesundheitsgefährdung" für die Öffentlichkeit aus. Das Paar soll unter anderem eine Familienveranstaltung in einer Kirche besucht haben, bevor es am Samstag erkrankte.
Die Beamten waren zunächst davon ausgegangen, dass die beiden möglicherweise verunreinigtes Heroin oder Crack-Kokain eingenommen haben könnten. Inzwischen ist Medienberichten zufolge auch das Forschungslabor für Chemiewaffen im nahe gelegenen Porton Down mit in die Untersuchungen einbezogen worden. In Porton Down war auch die Substanz Nowitschok im Fall Skripal identifiziert worden. Unabhängige Untersuchungen der Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) bestätigten den Befund.
Sorgen in der Bevölkerung
Amesbury liegt ganz in der Nähe des Unesco-Weltkulturerbes Stonehenge. Bewohner des Ortes reagierten Agenturberichten zufolge verunsichert und forderten mehr Informationen von den Behörden.
ml/qu (dpa, rtr, ap)