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Wieder an den Wolken kratzen

Sabine Casagrande / mb29. Januar 2003

Die Bebauung des New Yorker "Ground Zero" gilt als erstes architektonisches Großprojekt des 21. Jahrhunderts. Die Entwürfe reichen von neuen Zwillingstürmen bis zum Garten in der Luft. Manche favorisieren eine "Rakete".

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Sir Norman Foster plant umweltverträgliche ZwillingstürmeBild: AP

Noch nie in wurden Entwürfe von Architekten derart kontrovers diskutiert wie derzeit in New York. Schließlich handelt es sich hier nicht um irgendein Projekt. Es geht um das zukünftige Gesicht der berühmtesten Skyline der Welt. Und um das Gedenken an die Opfer vom 11. September 2001. Die Anforderungen an die Bebauung des "Ground Zero" sind immens.

Mächtige Symbole

"Wir wollen unsere Skyline um mächtige Symbole anreichern," so Lou Tomson, der Präsident der Gesellschaft für den Wiederaufbau (LMDC) von Südmanhatten. Schließlich gilt es, dem dringlichen Wunsch der Öffentlichkeit nach Wiederherstellung der Skyline und gleichzeitiger Erinnerung an die Taten des 11. Septembers zu entsprechen. Und das häng alles von der Finanzierung ab meint Joseph J. Seymour, Chef der Port Authority, der das Ground-Zero-Gelände gehört.

World Trade Center
Die Twin Towers vor der ZerstörungBild: AP

Mitreden soll auf alle Fälle die New Yorker Bevölkerung. Und die hatte bereits letzten Sommer die Entwürfe beauftragter Architekturbüros abgelehnt. Zu langweilig, zu sehr an reiner Bürofläche orientiert, lautete das Fazit. Die Ergebnisse des darauf initiierten weltweiten Gestaltungswettbewerbs kommen da schon besser an. Die heiß diskutierten Modelle der sieben ausgewählten Finalisten – allesamt Star-Designer – sind seit Dezember 2002 vor Ort am "Ground Zero" zu begutachten.

Wasserfall inklusive

Die Ideen der städtischen Visionäre reichen von lichtdurchfluteten Denkmälern in der Luft bis zu gigantisch reflektierenden Seen – Wasserfall inklusive. Und die Namen einiger Favoriten sind insbesondere in Deutschland alles andere als unbekannt: Daniel Libeskind (Jüdisches Museum in Berlin) und Sir Norman Foster (Reichstagskuppel in Berlin).

Architekturwettbewerb in New York, World Trade Center, von Libeskind
Entwurf von Daniel LibeskindBild: AP

Libeskind plant eine Spirale von Türmen, die in einer Höhe von 553 Metern in einem Garten endet. "Gärten symbolisieren die stete Bejahung des Lebens," erklärt der in Berlin ansässige Architekt in New York. Entstehen sollen auch ein mit Kies ausgelegter und mit Wasser gefüllter "Platz der Reflektionen", ein "Park der Helden" und ein lichtdurchfluteter Bahnhof. Mit Libeskinds "Keil des Lichts" soll ein öffentlicher Platz entstehen, der genau zwischen 8:46 und 10:28 Uhr schattenfrei in der Sonne erstrahlt.

Rakete von Gaudí

Foster´s Team orientiert sich stark am Motiv der Zwillingstürme. Der Architekt der Reichstagskuppel strebt den Bau "des sichersten, begrüntesten und höchsten Twin Towers" an. Beim Gedanken an die geplanten gläsernen Fahrstühle an den Außenwänden der Wolkenkratzer wird manchem allerdings bereits im Vorfeld schwindelig. Dank einer mehrschichtigen Außenfassade wäre es aber beispielsweise möglich den Verbrauch der Klimaanlage umweltverträglich um mehr als 80 Prozent zu reduzieren.

Antoni Gaudi Hotel Attraction
Entwurf nach Antonio GaudíBild: AP

Der kurioseste Vorschlag für die Bebauung der World Trade Center Plaza stammt unterdes aus Barcelona. Eine Interessengruppe plädiert für die Errichtung eines raketen-ähnlichen Bauwerks. Der kuriose Entwurf ist zwar knapp 100 Jahre alt, stammt aber von niemand geringerem als dem legendären spanischen Künstler Antoni Gaudí (Sagrada Familia, Barcelona). Der hatte bereits 1908 ein New Yorker Hotelgebäude namens "Attraction" geplant, das allerdings nie verwirklicht wurde. In dem Neuentwurf, für den inzwischen zahlreiche prominente Architekten werben, soll jedoch niemand nächtigen. Die "Rakete" soll als Mahnmal dienen.

Niedrige Büros

Trotz der zahlreichen ambitionierten Pläne bleibt die zukünftige Bebauung des Ground Zero noch völlig unklar. Jahre können vergehen, ehe mit dem Bau überhaupt begonnen wird, mutmaßt die "New York Times". Und ob der siegreiche Entwurf, der im Februar 2003 gekürt werden soll, letztlich verwirklicht wird, bleibt abzuwarten. "Ob da etwas genau so umgesetzt wird, wie es jetzt präsentiert wird, das kann niemand sagen," erklärt Joseph J. Seymour von der Port Authority. Letztlich wird wohl auch die Nachfrage nach Bürofläche entscheiden. Und die ist derzeit in New York wie anderswo sehr niedrig.