Enttäuschte Studenten
23. April 2007Gespannte Ruhe in den letzten Sekunden vor der Verkündung des Wahlergebnisses: 150 Studenten aus aller Welt haben sich im großen Saal des Heinrich-Heine Hauses auf dem internationalen Campus der Pariser Universität versammelt. Als die Namen von Nicolas Sarkozy und Ségolène Royal verkündet werden, bleibt es still. Kein Jubel. Hier hatten die meisten auf einen anderen Wahlausgang gehofft. Nur das Ergebnis vom drittplatzierten Zentrumskanditaten Francois Bayrou erntet einigen Applaus. Die Rede von Sarkozy wird mit höhnischem Gelächter kommentiert.
"Er hat etwas Falsches"
Sarkozys Äußerungen über Zuwanderer, sein sehr nationalistisch geprägter Wahlkampf haben bei den meisten französischen wie bei den ausländischen Studenten einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen. "Ich finde ihn zu autoritär", sagt etwa Cesar, der aus Mexiko zum Studium nach Paris gekommen ist. "Er ist unglaublich machtbesessen. Das beunruhigt mich." Und Ali aus Algerien meint: "Ich habe eine gewisse Vorliebe für Ségolène Royal. Nikolas Sarkozy finde ich hat etwas Falsches. Er sage oft Dinge, die er besser nicht sagen sollte. Für einen Präsidenten ist er zu unbeherrscht."
Ségolène Royal hat hier auf dem Campus deutlich mehr Anhänger, auch wenn ihr viele Sprunghaftigkeit und einen insgesamt unprofessionellen Wahlkampf vorwerfen. Eine echte Chance, aus der zweiten Runde als Siegerin hervorzugehen, räumen ihr hier aber nur die wenigsten ein. Entscheidend sei nun das Wahlverhalten derjenigen, die in der ersten Runde für Bayrou gestimmt haben, erklärt ein Student.
Großes Interesse
Während im Fernsehen noch die Wahlanalyse läuft, wird das Ergebnis auch im Saal und draußen vor der Tür heftig diskutiert. Einem Grüppchen deutscher Studenten ist die Enttäuschung deutlich anzusehen. Für die Mainzerin Susanne gab es nur einen denkbaren Kandidaten. "Ich hätte für Francois Bayrou gestimmt, weil ich glaube, dass eine Entwicklung in die Mitte hin sehr sinnvoll ist und dass eine polarisierend Politik wie die von Sarkozy zu sehr starken Spannungen führen kann. Ségolène Royal hat mich nicht überzeugt - durch ihren wechselhaften Kurs und ihre Inkompetenz."
Die Mainzer Geschichtsstudentin ist mit einer Gruppe von insgesamt 25 jungen Deutschen auf Einladung des deutsch-französischen Jugendwerks in den vergangenen fünf Tagen in Paris unterwegs gewesen. Sie haben Politiker und Experten getroffen, um sich ein Bild vom Wahlablauf in Frankreich zu machen. "Der Wahlkampf wird viel intensiver geführt", sagt sie. "Die Menschen interessieren sich sehr für die politischen Programme, das hat mich sehr erstaunt, das fand ich sehr positiv."
Enttäuschung und Fatalismus
Über solche Fragen machen sich die französischen Studenten an diesem Abend keine Gedanken. Auch bei ihnen ist die Enttäuschung spürbar, gemischt mit einem gewissen Fatalismus. "Die Überraschung war, dass es keine Überraschung gab. Wir werden ja sehen, was in der zweiten Runde passiert," sagt Phillippe. "Aber es ist wohl ziemlich klar, dass Sarkozy gewinnen wird. Er sagt dass, was die Leute hören wollten. Eine gewissen Politik der Härte, vor allem gegenüber den Ausländern hier."
Sein Freund Martin dagegen sieht in der Konstellation Royal-Sarkozy auch eine gewisse Chance. "Es war ein gutes Ergebis. Wir können heute an einen richtigen Streit zwischen rechts und links glauben," sagt er. "Wir warten darauf, dass Nicolas Sarkozy und Ségolène Royal richtig sagen, woran sie glauben." Eine ausgelassene Wahlparty findet hier an diesem Abend jedenfalls nicht statt. Alle warten nun gespannt auf die zweite Runde am 6. Mai.