Wie Russland sich in Afrika militärisch neu aufstellt
3. Februar 2024Die Kontakte zwischen der Militärjunta in Burkina Faso und dem Regime von Wladimir Putin in Russland funktionieren bestens. Das zeigte sich vor wenigen Tagen ganz konkret, denn Moskau sorgte für militärischen Nachschub in Burkina Faso: Nachfolger der Wagner-Gruppe landeten in der Hauptstadt Ouagadougou.
In einem Telegram-Post erklärte das neue russische sogenannte Afrika-Korps, es werde den Übergangspräsidenten Ibrahim Traoré und die Bevölkerung vor terroristischen Angriffen schützen. Demzufolge soll die bisher 100 Personen starke Einheit bald um 200 weitere erweitert werden.
Burkina Faso befindet sich seit mehreren Jahren in einer Spirale dschihadistischer Gewalt. Verschiedene Gruppierungen sind mit der Terrorgruppe Islamischer Staat und Al-Qaida verbunden, die bereits gegen die Nachbarländer Mali und Niger kämpften.
Übergangspräsident Traoré erklärte am Mittwoch, derzeit kämpften keine Russen gegen Dschihadisten. Aber er schloss dies für die Zukunft nicht aus. Bei den Soldaten handelt es sich ihm zufolge um Ausbilder.
"Sie sind hier, um unsere Männer im Umgang mit den Waffen auszubilden, die der burkinische Staat bestellt hat. Es ist normal, dass sie kommen, um sie auszubilden", sagte Nestor Podassé, ein Führer einer Pro-Junta-Bewegung, der als einer der ersten Bilder von der Ankunft der russischen Soldaten in Ouagadougou in den sozialen Netzwerken gepostet hatte.
Afrika-Korps nun offiziell im Einsatz Russlands
Mit der Stationierung von Soldaten des Afrika-Korps in der Sahelzone demonstriert Präsident Putin erneut Präsenz auf dem Kontinent, speziell in Westafrika. Dort sollen die Soldaten laut der russischen Historikerin Irina Filatowa künftig in fünf Ländern operieren: Burkina Faso, Libyen, der Zentralafrikanischen Republik (ZAR), Mali und Niger.
Allerdings fällt ein wesentlicher Unterschied zur paramilitärischen Söldner-Gruppe Wagner auf: Das Afrika-Korps ist direkt dem russischen Verteidigungsministerium unterstellt. Dagegen war die Wagner-Gruppe eine private Sicherheitsfirma aus Russland. In Afrika kämpfte sie gegen islamistischen Terror, trat als Leibgarde auf und vertrat nur inoffiziell Putins militärische Interessen auf dem Kontinent. Sie stand unter der Führung von Jewgeni Prigoschin. Der Söldner-Chef fiel bei Putin in Ungnade, nachdem er seine Truppen Ende Juni 2023 gen Moskau marschieren ließ. Zwei Monate später stürzte Prigoschin mutmaßlich mit einem Flugzeug ab. Nach einer DNA-Analyse wurde er für tot erklärt.
Ende November tauchte der Begriff "Afrika-Korps" laut einem Bericht der französischen Zeitung Le Monde erstmals in sozialen Medien auf - in einem Telegram-Kanal, der dem russischen Verteidigungsministerium nahesteht.
Die Soldaten der Einheit stammen zum Teil aus der früheren Wagner-Gruppe, andere werden meist in den Einsatzländern rekrutiert, sagt Filatowa, emeritierte Professorin der Universität von KwaZulu Natal in Südafrika.
Putins Einfluss in Afrika wächst
Somit verstärkt Moskau seinen Einfluss in der Sahelzone. Die Einheit in Burkina Faso schätzt Filatowa derzeit eher als Leibgarde für den Übergangspräsidenten Traoré ein. "Die Interventionen der russischen Dienste, ob in Niger, Mali oder Burkina Faso, dienen in erster Linie dem Schutz der Regime und viel weniger dem Kampf gegen die Dschihadisten", sagt auch der französische Militärexperte General Dominique Trinquand zur DW.
Seit der Machtübernahme im September 2022 hat sich die regierende Junta in Burkina Faso von Frankreich distanziert. Als ehemalige Kolonialmacht war es seit der Unabhängigkeit enger Partner. Die Junta hat französische Soldaten zum Abzug gezwungen und sich Russland angenähert. Kürzlich verließen Burkina Faso, Niger und Mali auch das Regionalbündnis ECOWAS, die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft.
In Sachen Verteidigung schauen sie also nach Russland. "Putin ist sehr an Afrika interessiert, insbesondere an Westafrika. Die westlichen Länder sagen, dass Russland isoliert ist. Aber Putin kann zeigen, dass Afrika ihn unterstützt", sagt Filatowa. Praktisch agiere das Afrika-Korps als Instrument der russischen Außenpolitik, so zumindest die Hoffnung Russlands.
Aus der Russland-Westafrika-Partnerschaft könnte laut Filatowa ein wichtiger politischer Vorteil für Putin entstehen: "Die Sahel-Länder könnten für Russland stimmen und andere afrikanische Länder ebenfalls dazu inspirieren. Auf jeden Fall in der Generalversammlung, vielleicht im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen." Zusätzlich verfolgt Russland in Afrika wirtschaftliche Interessen. Die Region ist reich an wertvollen Mineralien.
Russische Militärbasis geplant
Mit Blick auf Russlands Ausbau seiner Macht in Afrika sticht ein Land hervor: die Zentralafrikanische Republik. Sie hatte sich 2018 in einem Verteidigungsabkommen zwischen Bangui und Moskau stärker an Russland gebunden und damit auch Wagner-Söldnern eine größere militärische Rolle im Land gegeben. Jetzt sollen Pläne für eine offizielle Militärbasis Russlands in Berengo im Süden des Landes umgesetzt werden. Die geplante Besatzung: 10.000 Mann. Berengo verfügt über einen Flugplatz und für einen Militärstützpunkt notwendige Einrichtungen, die von der Wagner-Gruppe bereits genutzt wurden.
Die ZAR liege strategisch günstig, dieser Stützpunkt werde auch als Dreh- und Angelpunkt dienen, um in anderen zentralafrikanischen Ländern aktiv zu werden, sagte Fidel Gouandjika, Minister und Sonderberater von Präsident Touadéra, zur DW. "Wir haben uns gewünscht, dass Russland seine Präsenz in der Zentralafrikanischen Republik verstärkt, um in der zentralafrikanischen Zone gut intervenieren zu können, wenn es ein Problem mit Terrorismus oder 'Machthabern' gibt, die die Regime in Zentralafrika destabilisieren wollen." Die Anfrage ist laut Gouandjika von der ZAR selbst gekommen. Nach Gesprächen seien die Russen bereit, mit dem Bau für den Stützpunkt zu beginnen, so der Minister.
Die Reaktionen in Burkina Faso und der ZAR sind unterschiedlich. Die Bevölkerungen befürworteten Stabilität in ihrem Land. Daher sei für viele die Erfahrung mit den Söldnern der Wagner-Gruppe nicht unbedingt negativ gewesen, sagt die Historikerin Filatowa.
Aber zum wachsenden Einfluss der Russen gibt es auch Kritik. Paul Crescent Béninga, Vertreter der zivilgesellschaftlichen Arbeitsgruppe GTSC, findet den Plan für die ZAR paradox : "Wir haben den Eindruck, dass wir einfach den Herrn gewechselt haben. Wir haben Frankreich verlassen, um uns unter das Joch Russlands zu beugen."