Kulturbanken gegen illegalen Kunsthandel
9. April 2020Daouda Keita sitzt in seinem Büro im Verwaltungsgebäude des malischen Nationalmuseums in Bamako. Das Museum hat eine archäologische und ethnographische Sammlung, organisiert regelmäßig Wechselausstellungen und ist für die große, grüne Gartenanlage bekannt. Den Aufbau von Museen im ganzen Land zu unterstützen, das ist nun das Ziel des Museumsdirektors, der selbst Archäologe ist. Er setzt sich dafür ein, sogenannte Kulturbanken - banques culturelles - zu errichten.
Die erste entstand bereits 1997 in Fombori, einem Ort im Dogonland im Osten Malis. Den Einfall dazu hatte ein US-Amerikaner, der mit den Peace Corps nach Mali gekommen war. Um die Kulturbank zu finanzieren, schlug er Keita die Teilnahme an einem Ideen-Wettbewerb der Weltbank vor. "Glücklicherweise wurden wir ausgewählt. So konnten wir die erste Kulturbank in Fombori bauen", erinnert sich der Museumsdirektor. Weitere wurden später im Süden in Dégnèkoro und Kola errichtet. Doch die Gebäude stürzten ein. Die Kulturbank in Fombori kann aufgrund der schweren Krise in Nord- und Zentralmali nicht mehr besucht werden.
Neue Einnahmequelle für die Dorfgemeinschaft
Hinter dem Begriff Kulturbank verbirgt sich ein Dorfmuseum. Die Gemeinschaft, aber auch Einzelpersonen haben die Möglichkeit, dorthin alte Masken, Skulpturen und Plastiken zu bringen und ausstellen zu lassen. Für die Leihgabe erhalten sie etwas Geld, das sie beispielsweise in die Landwirtschaft investieren können. "Die Kulturbank ist eine Einnahmequelle für die Gemeinschaft und das Gemeinwohl", sagt Franck Komlan Ogou, Interimsleiter der Schule für patrimoniales Erbe (EPA) in der beninischen Hauptstadt Porto Novo. Gleichzeitig kann daraus eine Besucherattraktion werden und ein Ort, an dem sich lokale Künstler treffen und ihre Arbeiten verkaufen können. Im Norden Benins sowie in Togo gibt es jeweils eine Kulturbank.
Für Daouda Keita kann sie jedoch vor allem eins schaffen: den illegalen Handel mit Kunstgegenständen verhindern. Oft sei es Geldnot, die zum Verkauf treibt. Wie viele Objekte jedes Jahr aus Mali ausgeführt werden, kann er nicht schätzen. Die Krise, in der sich das von knapp 20 Millionen Einwohnern bevölkerte Land seit 2012 befindet, dürfte das noch begünstigen, vermutet Keita. "Regionen befinden sich außerhalb der Kontrolle von Sicherheitskräften." Selbst hat er es 2014 während eines Besuchs archäologischer Stätten in Douentza in der Region Mopti erlebt: "Wir haben mehr als zehn Ausgrabungsstätten gefunden, die komplett zerstört waren. Man hat vor unseren Augen Handel betrieben. Davor hatte niemand Angst."
Ausfuhrverbot für Originale
Dabei dürfen offiziell nur Kopien von Kunstgegenständen das Land verlassen. Bei der Ausreise muss am Flughafen eine Bescheinigung vorgelegt werden, die das Nationalmuseum ausstellt. Beim Ausstellen dieser Papiere müssen man sehr sicher sein, dass es sich nicht um ein für das malische Kulturerbe bedeutsames Original handelt, sagt Keita.
Die Artefakte an ihrem Ursprungsort zu lassen, fordert auch Franck Komlan Ogou in Benin: "Das gibt ihnen einen größeren Sinn." Afrikanische Objekte, die sich heute in europäischen Sammlungen befinden, hätten nicht mehr dieselbe Bedeutung und denselben Wert wie vor ihrem Verkauf oder Diebstahl. Auch das ist eine Stärke der Kulturbank. Wird eine Maske, ein Fetisch oder eine Skulptur für eine Zeremonie gebraucht, kann sie vom Dorfmuseum geliehen und anschließend wieder zurückgebracht werden. Ogou gibt jedoch zu: "Es braucht eine Finanzierung dafür." Das Projekt trägt sich nicht durch Besuchereinnahmen. Von der Vorstellung, in ganz Benin Dorfmuseen zu errichten, hat man deshalb wieder Abstand genommen. "Im Ort muss es außerdem genügend Objekte geben." Wichtig ist zudem die Bereitschaft der Bewohner, "ihre" Objekte mittels einer Kulturbank zu pflegen.
Kunsthändler suchen nach Artefakten
Nigeria geht indes einen anderen Weg. "Wir organisieren Aufklärungskampagnen im Fernsehen und Radio: Wir sprechen über die Bedeutung der Objekte und darüber, dass sie nicht an Fremde verkauft und illegal ins Ausland gebracht werden sollen", sagt Theophilus Umogbai, Leiter des Nationalmuseums in der südnigerianischen Stadt Benin City. Von dort stammen die weltbekannten Benin-Bronzen. Um den Appellen Nachdruck zu verleihen, arbeiten die Museen mit lizenzierten Antiquitätenhändlern zusammen. Diese spüren Eigentümer auf, die Artefakte verkaufen wollen, und stellen Kontakte zu den Museen her. Je nach Budget kaufen die Museen die Kunstwerke auf.
Immer wieder wenden sich auch Familien an die Museen, um Artefakte zwischenzulagern. "Das passiert etwa, wenn das Oberhaupt der Familie gestorben ist und die Familie noch nicht entschieden hat, was mit der Kunstsammlung passieren soll", sagt Umogbai. Falls ein Gegenstand für ein Festival oder eine Zeremonie gebraucht wird, könne dieser ebenfalls für einige Tage ausgeliehen und dann zurückgebracht werden.