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Wie lange reicht das Geld in Griechenland?

Andreas Becker6. Juli 2015

Nach dem Referendum bleiben die Banken in Griechenland weiter geschlossen. Schon in wenigen Tagen könnte ihnen das Geld ausgehen. Die EZB hilft noch mit Notkrediten aus, hat deren Rahmen aber nicht erhöht.

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Bildergalerie Griechenland Plakat mit der Aufschrift NO
Bild: picture-alliance/dpa/S. Baltagiannis

Die Europäische Zentralbank (EZB) gab am Montagabend (06.07.2015) bekannt, sie werde für die griechischen Banken weiterhin Notkredite in Höhe von fast 90 Milliarden Euro erlauben.

Das Geld hält das griechische Bankensystem zur Zeit noch am Leben. Die griechische Notenbank verleiht es an die Banken, die Europäische Zentralbank setzt den Rahmen fest. Und der wurde seit dem Scheitern der Verhandlungen Ende Juni bei rund 90 Milliarden Euro eingefroren. Dadurch war die griechische Regierung gezwungen, Kapitalverkehrskontrollen einzuführen.

Seitdem ist viel passiert. Die Banken blieben geschlossen, nur für die Auszahlung der Renten öffneten einige Filialen. Am Geldautomaten können Griechen maximal 60 Euro pro Tag von ihrem Konto abheben. "Das addiert sich für die Banken auf einen Liquiditätsverlust von 200 Millionen Euro jeden Tag", sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der deutschen Commerzbank. "Das wird recht knapp in den nächsten Tagen, die Banken bluten allmählich aus."

Wie viel Spielraum den Banken noch bleibt, gibt die Bank of Greece nicht bekannt. Medienberichten zufolge ist der Spielraum von 90 Milliarden Euro inzwischen fast ausgeschöpft.

Ausweiten, deckeln, kappen

Frankreichs Finanzminister Michel Sapin hatte der EZB daher nahegelegt, die Nothilfen beizubehalten. "Derzeit gibt es ein Niveau an Liquidität, das nicht verringert werden kann", so Sapin in einem Radiointerview.

Benoit Coeure, französisches Mitglied im Direktorium der EZB, hatte schon am Sonntag die grundsätzliche Bereitschaft der Zentralbank signalisiert. "Wenn wir mehr machen müssen, machen wir mehr", sagte Coeure, ohne jedoch Details zu nennen.

Jörg Krämer
Jörg Krämer, Chefvolkswirt CommerzbankBild: Commerzbank AG

Die Obergrenze für Notfallkredite wie bisher bei 90 Milliarden Euro zu belassen, ist gleichzeitig eine gute und eine schlechte Nachricht für Griechenland. Eine schlechte, weil es laut Krämer "nur noch eine Frage von Tagen, nicht von Wochen" ist, bis auch der letzten Bankautomat kein Geld mehr ausspuckt.

Und eine gute Nachricht, weil es auch noch schlimmer hätte kommen können. "Denn eigentlich müsste die EZB die Notkredite nicht nur einfrieren, sondern sogar auf Null setzen", so Krämer zur DW. "Nach der Volksabstimmung ist eine Staatspleite zum Greifen nah, und die würde auch die Banken in den Abgrund ziehen. Rechtlich gesehen darf die EZB insolventen Banken gar kein Geld leihen."

Hilfe und Druckmittel

Die Notfallkredite (ELA - Emergency Liquidity Assistance) sind die wichtigste Finanzierungsquelle der Banken, seitdem die EZB im Februar, kurz nach Antritt der Regierung Tsipras, verkündet hatte, griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheiten für neue Kredite zu akzeptieren. Seitdem hat sie die Obergrenze für die ELA-Kredite schrittweise angehoben und dann bei rund 90 Milliarden Euro eingefroren.

Die Notkredite sind somit gleichzeitig Hilfe und Druckmittel. Vor zwei Jahren reichte die Drohung, die ELA-Kredite zu streichen, um das zyprische Parlament dazu zu bringen, den Sparplänen zuzustimmen.

"Der Fall Zypern hat gezeigt, dass die EZB hier einen ganz entscheidenden Hebel in der Hand hat, um die Regierungen zum Verhandlungstisch zu zwingen und Reformmaßnahmen zu beschließen", sagt Johannes Mayr, Volkswirt der Bayerischen Landesbank.

Dazu wird es in Griechenland kaum kommen - zu deutlich war das Nein zu den Sparbeschlüssen beim Referendum am Sonntag. Trotzdem wird der Druck auf die Regierung in den nächsten Wochen noch deutlich stärker werden.

Droht der nächste Zahlungsausfall?

Am 20. Juli werden 3,5 Milliarden Euro für Staatsanleihen an die EZB fällig. Sollte Griechenland das Geld nicht aufbringen können und auch gegenüber der EZB in Zahlungsrückstand geraten, wäre die Zentralbank wohl gezwungen, die Notfallkredite einzustellen.

Otmar Issing
Otmar Issing, ehemaliger EZB-DirektorBild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Laut Commerzbank-Volkswirt Krämer steigt deshalb die Wahrscheinlichkeit eines Grexit und der Rückkehr zur Drachme. "Ich sehe mittlerweile eine Wahrscheinlichkeit von zwei Dritteln, dass sich Griechenland dazu entscheidet, eine eigene Währung einzuführen."

Umgekehrt sieht Krämer die Wahrscheinlichkeit für eine Einigung in letzter Minute nur noch bei 33 Prozent. Voraussetzung dafür wären weitere Kredite der Geldgeber. "Aber wie soll man einem Land Kredite gewähren, wenn es nicht bereit ist, die damit verbundenen Auflagen zu erfüllen?", fragt Krämer und befürchtet einen "faulen Kompromiss" in den Verhandlungen.

"Die Eurozone kann nur funktionieren, wenn die nationalen Regierungen ihre Hausaufgaben ihre Volkswirtschaften so flexibel machen, dass Wachstum und Arbeitsplätze entstehen", sagt auch Otmar Issing, zwischen 1998 und 2006 Mitglied im Direktorium und Chefvolkswirt der EZB. "Die griechische Regierung tut nichts davon. Sie denkt sozialistisch, und damit lassen sich die wirtschaftlichen Probleme des Landes nicht lösen."