Wie lang ist eigentlich ein Jahr?
27. Dezember 2001Ein Jahr ist in der Regel 365 Tage lang und alle vier Jahre ein Tag länger. Schon im Jahre 130 v.Chr. hatte der griechische Astronom Hipparch die Jahreslänge auf 365 1/4 Tage minus fünf Minuten berechnet. Doch schon kleinste Ungenauigkeiten führen über die Jahrhunderte zu merklichen Verschiebungen der Jahreszeiten. Auch der heute gültige Gregorianische Kalender sei auf Dauer zu ungenau, sagt der Kieler Mathematik-Professor Hermann König.
13. Monat eingeschoben
König hat in einem Beitrag für die Kieler Uni-Zeitschrift die Geschichte der Kalender untersucht und deren Genauigkeit geprüft. Ein Jahr mit 365 Tagen hatten bereits die alten Ägypter vor 5000 Jahren. Weil jedoch Schaltjahre fehlten, wanderte der Jahresanfang innerhalb von 1460 Jahren einmal durch die Jahreszeiten. Die Babylonier schoben ebenso wie die Griechen in regelmäßigen Abständen einen 13. Monat ein, um den Kalender stabil zu halten.
Relativ chaotisch ging es im altem Rom zu. Um 700 v.Chr. soll König Numa Pompilius einen Kalender mit 355 Tagen eingeführt haben, von dem die meisten unserer Monatsnamen stammen. Alle zwei Jahre wurden im Februar einige Tage eingeschoben. Doch das System funktionierte nicht: Nachberechnungen einer Sonnenfinsternis 190 v.Chr. ergaben eine Differenz von 119 Tagen.
Julius Caesar erfand den Julianischen Kalender
Als Julius Caesar in Gallien Krieg führte und sich deshalb nicht um den römischen Kalender kümmern konnte, ging dieser im Jahre 47 v.Chr. 90 Tage vor. Doch Caesar schaffte wieder Ordnung: Das folgende Jahr legte er auf 445 Tage fest und setzte den "Julianischen Kalender" mit 365 Tagen und vierjährigen Schaltjahren ein. Von Kaiser Augustus, Nachfolger von Julius Caesar, hieß es, dass er eigens seinen Monat August auf 31 Tage verlängerte, um dem Juli von Caesar ebenbürtig zu sein. Belege, so König, gebe es dafür jedoch nicht.
1582 wurde nach jahrhundertelanger Debatte der Gregorianische Kalender eingeführt: Schaltjahre fallen aus, wenn die Jahreszahl durch 100 teilbar ist. Ausnahmen gibt es, wenn die Zahl durch 400 teilbar ist. Noch genauer ist der russische Kalender, der die Schaltjahre komplizierter berechnet. Das Ergebnis ist fast gleich, erstmals im Jahre 2800 wird Westeuropa ein Schaltjahr, Russland aber keines haben.
In 2200 Jahren wird ein Tag fehlen
Weitere Ungenauigkeiten sieht der Kieler Mathematik-Professor kommen: Die Drehgeschwindigkeit der Erde nimmt ganz langsam ab. Grund sind vor allem Reibungskräfte für Ebbe und Flut. Die Folge ist, dass das Jahr auf Dauer weniger Tage hat. Gleichzeitig wird das Jahr etwas kürzer: Ein minimaler Energieaustausch zwischen den Planeten verringert den Abstand der Erde zur Sonne und verkürzt damit die Erdbahn um die Sonne. Beide Effekte zusammen würden nach Königs Berechnung dazu führen, dass in 2200 Jahren ein Tag fehlt.
Der heutige Gregorianische Kalender könne auf Dauer nicht gültig bleiben, so Königs Resümee. Da die astronomischen Daten sich ändern, gerate jeder feste Kalender langfristig außer Takt mit den Jahreszeiten. König: "Aber nur sehr langfristig." (pg)