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Wie kann Donald Trump erneut als US-Präsident kandidieren?

20. Dezember 2023

Donald Trump wehrt sich gegen das Urteil eines Gerichts in Colorado, nach dem er in dem Bundesstaat nicht bei den Präsidentschaftsvorwahlen antreten darf. Dazu kommen zahlreiche andere juristische Verfahren.

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Donald Trump vor Gericht in New York, Dezember 2023
Donald Trump weist jegliche Schuld zurückBild: Andrea Renault/ZUMA/picture alliance

Die Zahl der Corona-Infektionen steigt, Taylor Swift hat das meistverkaufte Album des Jahres veröffentlicht und wir scheinen auf ein Duell zwischen Joe Biden und Donald Trump zuzusteuern. Klingt wie 2020? Stimmt. Aber es ist die aktuelle Situation in den USA.

Die Republikaner haben zwar noch nicht entschieden, wer für sie bei den US-Präsidentschaftswahlen 2024 ins Rennen gehen soll, aber es sieht immer wahrscheinlicher aus, dass es wieder Donald Trump wird. Der ehemalige Präsident hat erst eine Amtszeit im Weißen Haus verbracht und nirgendwo steht, dass die zwei laut Verfassung erlaubten direkt aufeinanderfolgen müssen.

Allerdings hat Trumps Kampagne gerade einen herben Rückschlag erlitten: Das Oberste Gericht von Colorado hat entschieden, dass er in dem Bundesstaat nicht bei der Kandidatenkür der Republikaner antreten darf. Mit seinem Verhalten im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 habe Trump sich für das Amt des Präsidenten disqualifiziert, so urteilte das Gericht. Die Folge: Sein Name darf nicht auf den Wahlzetteln für die Vorwahlen seiner Partei stehen.

Trump will - wenig verwunderlich - umgehend Berufung einlegen, und so wird die Frage mit ziemlicher Sicherheit vor dem Supreme Court landen, dem Obersten Gericht der USA in Washington. Dort haben mittlerweile konservative Richterinnen und Richter eine Mehrheit, drei von ihnen hat der vormalige Präsident selber ernannt. Wenn bis Anfang Januar 2024 kein Urteil gegen ihn feststeht, wird Trumps Name doch auf den Vorwahlzetteln stehen. 

In den Umfragen liegt Trump vor anderen republikanischen Kandidaten wie dem Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, und der ehemaligen Gouverneurin von South Carolina und früheren UN-Botschafterin, Nikki Haley, meist mit großem Vorsprung.

Impeachment kein Hindernis für Präsidentschaftskandidatur

Donald Trump ist der einzige US-Präsident, gegen den zweimal ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet wurde. In beiden Fällen erhob das Repräsentantenhaus Anklage gegen Trump (2019 wegen Amtsmissbrauchs und Behinderung des Kongresses, 2021 wegen Anstiftung zum Aufstand), doch der Senat sprach ihn frei.

Donald Trump und Joe Biden bei einem TV-Duell im Oktober 2020
Donald Trump und Joe Biden bei einer TV-Debatte vor gut drei Jahren - 2024 könnte sich dieses Bild wiederholenBild: Chip Somodevilla/AP Photo/picture-alliance

Nur wenn der Senat, die oberste Kammer des US-Kongresses, einen Präsidenten verurteilt, wird dieser seines Amtes enthoben, was wiederum mit der "Disqualifikation für die Ausübung eines Ehren-, Vertrauens- oder Profitamtes in den Vereinigten Staaten" einhergeht - so steht es in der US-Verfassung.

Keine Senatsverurteilung - kein Problem, jedenfalls was eine erneute Präsidentschaftskandidatur angeht. Aber Trump hat auch noch eine Vielzahl an weiteren rechtlichen Schwierigkeiten, mit denen er sich im Jahr der Wahl herumschlagen muss.

Sexuelle Übergriffigkeit, Betrug und Beeinflussung des Wahlergebnisses 2020

Zu den Gerichtsprozessen, die 2024 gegen Trump eröffnet werden, gehören zivilrechtliche Betrugsverfahren im Zusammenhang mit der Art und Weise, wie Trump und seine Söhne das Familienunternehmen geführt haben, sowie ein Verfahren wegen eines sexuellen Übergriffs und Verleumdung. In letzterem Fall hatte eine Jury Trump bereits der Verleumdung einer ehemaligen Kolumnistin für schuldig erklärt, da er die Frau sexuell missbraucht und ihre Beschuldigung als unwahr dargestellt habe. In der bevorstehenden Verhandlung soll geklärt werden, wie viel Trump der Frau für die Verleumdung zahlen muss.

Außerdem gibt es mehrere Verfahren gegen den ehemaligen Präsidenten im Zusammenhang mit seinem Verhalten nach seiner Niederlage bei den US-Wahlen 2020: Ein Bundesstrafverfahren in Miami, in dem Trump beschuldigt wird, geheime Regierungsdokumente in seinem Mar-a-Lago-Anwesen in Florida aufbewahrt zu haben, als er schon nicht mehr Präsident war. Ein Verfahren in Georgia, in dem Trump und 18 weitere Angeklagte beschuldigt werden, sie hätten versucht, die Wahlergebnisse von 2020 zu beeinflussen. Und ein Verfahren des US-Justizministeriums, in dem Trump im Zusammenhang mit seinem Versuch, nach der Wahlniederlage 2020 an der Macht zu bleiben, mehrere Straftaten vorgeworfen werden.

Weitere historische Anklage gegen Trump

Aber unabhängig davon, wie all diese Verfahren ausgehen - Trumps erneuter Präsidentschaftskandidatur werden sie nicht gefährlich. Die US-Verfassung kennt keine Einschränkungen aufgrund strafrechtlicher Verurteilungen von Präsidentschaftskandidaten.

"Es gibt Argumente dafür und dagegen, dass jemand, der in ein laufendes Gerichtsverfahren verwickelt ist, noch für das Präsidentschaftsamt kandidieren sollte", sagt Laura Merrifield Wilson, Professorin für Politikwissenschaft an der Universität von Indianapolis, der DW. "Aber die basieren auf Moral, Urteilsvermögen und Vorlieben, nicht auf tatsächlichen Gesetzen oder verfahrensrechtlichen Hindernissen."

Sollte Trump in dem Mar-a-Lago-Fall wegen einer Straftat verurteilt werden, dürfte er zwar nicht mehr wählen (in Florida steht dieses Grundrecht verurteilten Straftätern nicht mehr zu), aber er könnte immer noch für das höchste Amt im Staat kandidieren. Selbst wenn er ins Gefängnis käme, würde dies seine Kandidatur nicht beeinträchtigen. Was jedoch passieren würde, wenn Trump die Präsidentschaftswahlen gewänne, während er hinter Gittern sitzt, ist unklar.

Dokumentenkisten auf der Toilette von Donald Trump
Ermittler des US-Justizministeriums entdeckten viele Kartons mit vertraulichen Akten, die Trump in einem Badezimmer aufbewahrteBild: U.S. Justice Department/Handout/REUTERS

"Wir sind so weit von allem entfernt, was jemals zuvor passiert ist", sagte Erwin Chemerinsky, Verfassungsrechtsexperte an der University of California in Berkeley, der "New York Times". "Es ist reine Spekulation."

Trump wird durch die Prozesse gestärkt

Rechtlich gesehen können die Prozesse Trumps Präsidentschaftsambitionen also nichts anhaben. Aber was ist mit dem Eindruck, den sie auf seine Wähler machen?

Unabhängige Wähler "könnten durch eine Verurteilung Trumps abgeschreckt werden", sagt Christopher Federico, Professor für Politikwissenschaft und politische Psychologie an der Universität von Minnesota, im DW-Gespräch. Aber "ich glaube nicht, dass irgendwelche Verurteilungen ihm bei seiner treuen Basis innerhalb der republikanischen Partei schaden werden".

Auch Federicos Kollege Howard Lavine, ebenfalls Professor für Politikwissenschaft und politische Psychologie, denkt, dass die Anklagen Trump bei seinen Anhängern nicht geschadet haben - im Gegenteil.

"Jede Anklage scheint Trumps potenziellen Stimmenanteil zu erhöhen", sagt Lavine der DW. "Er hat es seinen Wählern so dargestellt: 'Sie versuchen, Vergeltung an mir zu üben, um stellvertretend Vergeltung an euch zu üben.'"

Trump nutzt Ängste zu seinem Vorteil

Sowohl Federico als auch Lavine sind der Meinung, dass Trump eine gute Intuition dafür hat, wie er seine Wählerschaft am besten anspricht - vor allem Weiße ohne Hochschulabschluss und männliche, konservative Schwarze und Latinos. Er gibt vor, ein Außenseiter wie sie zu sein, und dass er daher ihre Wut und Angst verstehe, von den Eliten in Washington abgehängt zu werden.

Gesellschaftliche Entwicklungen in Geschlechterfragen und verstärkte Bemühungen um mehr Gleichberechtigung und Inklusion haben diese Angst weiter geschürt, sagt Lavine.

Trump erscheint im Gefängnis

"Heterosexuell zu sein ist nicht besser als nicht heterosexuell zu sein, ein Mann zu sein hat nicht mehr den Status, den es früher hatte, der Anteil der Weißen an der US-amerikanischen Bevölkerung nimmt ab und wir werden bald ein Land sein, in dem Christen die Minderheit sind", so Lavine. "Das bedroht den Mehrheitsstatus weißer christlicher Männer. Viele Menschen haben das Gefühl, dass ihr Sozialprestige sinkt. Und es scheint, dass Trump in der Lage ist, genau diese Ängste in den Mittelpunkt zu stellen."

Seine Hauptanhängerschaft, sagen beide Experten, möchte sich vertreten und gesehen fühlen und glaubt, dass Trump dafür kämpfen wird, sie zu ihrem früheren Ruhm zurückzuführen - "to make America great again". Mögliche strafrechtliche Verurteilungen spielen für sie keine Rolle.

"Ich glaube nicht, dass Trump-Anhänger sich von ihm abwenden würden", sagt auch Wilson. "Sie bleiben standhaft und loyal. Auch wenn sie Trump selbst nicht unbedingt unterstützen, dann doch den Mythos, für den er steht."

Carla Bleiker
Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker