Wie Gerd Müller: Gnabry und Lewandowski
22. August 2021Zumindest in der ersten Halbzeit war das Spiel des FC Bayern gegen den 1. FC Köln eine Partie, im Grunde wie zugeschnitten auf die Qualitäten des Gerd Müller. Denn wenn der kürzlich verstorbene Bayern-Torjäger eines konnte, dann aus dem Nichts zuzuschlagen, wenn keiner damit rechnete und nachdem man ihn im ganzen Spiel im Grunde nicht gesehen hatte. Das Spiel des FC Bayern gegen unangenehm eng und bissig verteidigende Kölner, das den 2. Spieltag der Fußball-Bundesliga abschloss, krankte bis zum hart erarbeiteten Führungstreffer der Bayern kurz nach dem Anpfiff der 2. Halbzeit daran, dass die Münchner Angreifer insgesamt nicht sehr oft zu sehen waren.
Dann aber hatte Robert Lewandowski, Münchens aktueller Torjäger und veritabler Nachfolger des "Bombers", seinen "Müller-Moment": Nach einem Dribbling Jamal Musialas an der Kölner Grundlinie stand der Pole da, wo ein Stürmer stehen muss - also dort, wo auch Gerd Müller gestanden hätte. Die Ablage kam, Lewandowski schoss direkt, 1:0 für die Bayern.
Gerd Müller: zu groß zum Schweigen
Bis zu Lewandowskis Tor, seinem 279. Bundesligatreffer, war der emotionale Höhepunkt des Abends der Moment vor dem Anpfiff gewesen, als man Gerd Müller gedachte. "Du hast immer an dich und den FC Bayern geglaubt und nie aufgegeben", sagte Ehrenpräsident Uli Hoeneß vor der Gedenkminute zu Ehren Müllers. "Durch dich und deine Freude ist das Mia san Mia entstanden, das den FC Bayern bis heute auszeichnet und um das uns alle beneiden." Danach folgte eine Gedenkminute, die zunächst in aller Stille begann. Doch dann erhob sich - zunächst zögernd, schließlich immer lauter - anhaltender Applaus in der Münchner Arena.
365 Bundesliga-Tore in 427 Spielen, sieben Torjägerkanonen in der Bundesliga, drei Europapokale, vier Meisterschaften, ebenso viele DFB-Pokalsiege - die Leistungen Müllers und seine Verdienste um den FC Bayern waren wohl schlicht zu groß, um sie schweigend zu würdigen. Auch die 22 Spieler, die sich am Mittelkreis zunächst untergehakt hatten, lösten sich und klatschten mit. Uli Hoeneß, ehemaliger Mitspieler und enger Freund Müllers, beobachtete und lauschte. In seinem Gesicht spiegelte sich eine Mischung aus Rührung und Stolz wider.
Gnabry mit "Müller-Mentalität"
Doch anders als bei der Bayern-Mannschaft zu Zeiten Gerd Müllers bedeutete gegen die Kölner eine zwischenzeitliche, komfortable 2:0-Führung noch nicht den sicheren Sieg. Der FC kam mit einem Doppelschlag binnen zwei Minuten zurück und deckte dabei bestehende Abstimmungsprobleme in der Münchner Viererkette auf. Gut für die Münchner, dass sie neben Müller-Nachfolger Lewandowski mit Serge Gnabry einen weiteren Spieler in ihren Reihen haben, der die "Müller-Mentalität" des "Immer-Gewinnen-Wollens" und "Sich-nie-zufrieden-Gebens" in sich trägt.
Mit Wucht hämmerte der Nationalspieler den Ball zum 3:2-Siegtreffer in die Maschen des Kölner Tores. Es war der elfte Treffer des 26-Jährigen im achten Bundesliga-Spiel gegen den FC. Gegen kein anderes Team hat er in seiner Karriere öfter getroffen. Und vier seiner bisherigen acht Doppelpacks hat Gnabry gegen den 1. FC Köln gemacht. Zahlen, die fast ein wenig an Gerd Müller erinnern.