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Mhkitaryan: Gibt es eine Bedrohung?

Andreas Sten-Ziemons mit SID, dpa, AFP
23. Mai 2019

Der Armenier Henrikh Mkhitaryan verzichtet aus Sicherheitsgründen darauf, mit dem FC Arsenal zum Endspiel der Europa League nach Baku zu reisen. Eine drastische Entscheidung, die Fragen aufwirft.

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Fußball Henrikh Mkhitaryan
Bild: picture-alliance/AFP7/Irina R.H.

Übertriebene Vorsicht oder berechtigte Sorge? An dieser Frage scheiden sich derzeit im Fall Henrikh Mkhitaryan die Geister. Der armenische Mittelfeldspieler des FC Arsenal hatte am Dienstag entschieden, aus Angst um die eigene Sicherheit nicht mit seinem Team zum Europa-League-Finale nach Baku zu reisen, das dort nächste Woche Mittwoch stattfindet.

"Es tut weh, dass ich das verpasse", twitterte Mkhitaryan mit Blick auf das Endspiel am 29. Mai gegen den Lokalrivalen FC Chelsea aus der englischen Premier League. Hintergrund seiner Verzichtsentscheidung sind politische Spannungen zwischen Aserbaidschan und Mkhitaryans Heimat Armenien. Es geht dabei um den Status der Region Bergkarabach, auf die beide Länder Anspruch erheben. Von 1992 bis 1994 führten Armenier und Aserbaidschaner einen erbitterten Krieg um die Region. Unterschiedliche Quellen gehen von 25.000 bis 50.000 Todesopfern aus. 

Aserbaidschans Regierung beschwichtigt

Schon früher hatte der ehemalige Bundesligaspieler auf Reisen nach Aserbaidschan verzichtet. 2015 und 2018 hatte Mkhitaryan, der in Armeniens Hauptstadt Jerewan geboren wurde und einige Jahre in Frankreich aufwuchs, mit Borussia Dortmund und Arsenal Europa-League-Spiele bei den aserbaidschanischen Klubs FK Qäbälä und Qarabag Agdam versäumt. Allerdings waren das unbedeutende Partien im Vergleich zum nun bevorstehenden Endspiel. "Micki war auf unserem Weg ins Finale ein Schlüsselspieler, deshalb ist das aus Sicht der Mannschaft ein großer Verlust für uns", teilte Arsenal nach Mkhitaryans Entscheidung mit und kündigte einen Tag später an, nach dem Finale ein Treffen mit Verantwortlichen der Europäische Fußball-Union (UEFA) anzustreben: "Wir werden zum Ausdruck bringen, dass eine solche Situation nicht akzeptabel ist und damit versuchen, so etwas künftig zu verhindern."

Die Regierung Aserbaidschans teilt die Sicherheitsbedenken von Spieler und Klub dagegen nicht. Eine Sprecherin des Außenministeriums sagte der französischen Nachrichtenagentur AFP: "Trotz des schwierigen Verhältnisses zwischen Aserbaidschan und Armenien kann Mkhitaryan das Europa-League-Finale in Baku spielen." Auch der Generalsekretär des aserbaidschanischen Fußball-Verbandes AFFA, Elchan Mamdow, verwies auf Sicherheitsgarantien gegenüber der UEFA und meinte: "Er hätte hier keine Probleme."

Henrikh Mkhitaryan Armenien
Henrikh Mkhitaryan spielt für den FC Arsenal in der Premier League und für Armeniens NationalteamBild: picture-alliance/AA/V.Baghdasaryan

Auch die UEFA erklärte, dass es für Mkhitaryan keinen Grund gebe, sich wegen seiner Sicherheit Sorgen zu machen. Der Verband gab folgendes Statement ab: "In Zusammenarbeit mit dem FC Arsenal hat die UEFA von den höchsten Behörden des Landes Zusicherungen in Bezug auf die Sicherheit der Spieler in Aserbaidschan eingeholt und erhalten. Als Ergebnis dieser Garantien wurde ein umfassender Sicherheitsplan entwickelt und dem Klub ausgehändigt", heißt es dort. Man respektiere die persönliche Entscheidung, ohne Mkhitaryan anzureisen.

"Höchste Behörden" und "umfassender Sicherheitsplan", es klingt fast ein wenig nach Agententhriller. Doch wovor genau Mkhitaryan Angst hat, bleibt unklar. Weitergehende Fragen der DW dazu konnte oder wollte auch die UEFA nicht beantworten. Die Nachfrage, wie die Sicherheitsgarantien Aserbaidschans aussehen, blieb ebenfalls unbeantwortet.

Bauchgefühl oder politisches Kalkül?

Was soll ihm schon passieren, werden nun einige fragen. Ist Mkhitaryan nicht durch seinen Prominentenstatus geschützt? Was wäre es für ein Eklat, wenn ihm tatsächlich etwas zustoßen würde, er Opfer einer Bedrohung oder gar eines Anschlags auf seine Gesundheit würde. Wenn er verhaftet oder entführt würde. Nach dieser Vorgeschichte eigentlich undenkbar. Dennoch bleiben Mkhitaryans Bedenken und ein ungutes Bauchgefühl - auf das er hört. "Das ist eine sehr persönliche Angelegenheit", sagte sein Trainer Unai Emery am Dienstag und machte klar, dass er den Angreifer in Baku gern dabei gehabt hätte. "Aber wir können da nichts machen. Wir müssen das respektieren."

Oder hat Mkhitaryan bewusst für Unruhe gesorgt, um durch seinen Verzicht das Augenmerk der Medien und der Öffentlichkeit auf den Bergkarabach-Konflikt zu lenken? Auch das ist einigermaßen undenkbar bei einem ehrgeizigen Sportler wie ihm, der mit 30 Jahren auch nicht mehr ganz jung ist. "Die Spieler bekommen nicht oft die Möglichkeit, ein europäisches Finale zu bestreiten", sagte Arsenal-Geschäftsführer Vinai Venkatesham und fügte an: "Es ist verdammt traurig, dass Miki dieser Chance beraubt wurde."

Ob Mkhitaryan dieser Chance aber tatsächlich beraubt wurde oder sich ihr selbst beraubt hat, bleibt offen.