Cholera breitet sich "aggressiv" aus
19. Mai 2017Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat auf eine "aggressive" Ausbreitung der Cholera im Jemen aufmerksam gemacht. Ohne dringende Notfallmaßnahmen könnte eine Viertelmillion Menschen in den nächsten sechs Monaten an der lebensgefährlichen Darminfektion Cholera erkranken, berichtete der Landesleiter der WHO im Jemen, Nevio Zagaria, telefonisch aus dem Krisengebiet. Innerhalb von drei Wochen seien 23.400 Verdachtsfälle gemeldet worden, 242 Menschen seien gestorben.
Zagaria betonte, dass der anhaltende bewaffnete Konflikt die Lage zusätzlich verschärfe. Krankenhäuser seien beschädigt oder zerstört, viele Einwohner hätten keinen Zugang zu medizinischer Hilfe und sauberem Wasser.
Der WHO-Landesleiter beschrieb eine desolate Lage: Der Strom funktioniere nicht mehr, deshalb fielen Wasserpumpen aus und die Menschen hätten nur noch verschmutztes Wasser zur Verfügung. Die internationale Gemeinschaft stelle nicht genügend Geld für die Noteinsätze zur Gesundheitsversorgung und zur Bereitstellung von Wasser und Abwasserdiensten bereit. Die WHO habe 50 Behandlungszentren für Cholera-Patienten eingerichtet, nötig seien aber 350.
Die Krankenhäuser seien überrannt, viele aber kaum funktionsfähig. Die meisten Mitarbeiter seien seit sechs Monaten nicht mehr bezahlt worden. Zagaria appellierte an die Weltgemeinschaft, die Bezahlung der Mitarbeiter im Gesundheitswesen sicherzustellen. Besonders betroffen sind nach Angaben der Hilfsorganisation Aktion gegen den Hunger die Kinder: "Ihre geschwächten Körper haben der Infektion nichts entgegenzusetzen."
Die WHO warnte vor einer Katastrophe. Der Jemen werde nicht in der Lage sein, mit diesem weiteren Schock umzugehen. "Das sanitäre System liegt ohnehin schon am Boden." Die Epidemie war im Oktober 2016 ausgebrochen, weil es an Trinkwasser fehlt. Cholera verursacht starken Durchfall und Erbrechen und ist besonders für Kinder, Alte und Kranke lebensbedrohlich.
In dem Land im Süden der Arabischen Halbinsel tobt seit 2014 ein Bürgerkrieg. Huthi-Rebellen kontrollieren große Teile des Jemens, darunter die Hauptstadt Sanaa. Dort haben die Behörden wegen des Cholera-Ausbruchs den Notstand ausgerufen.
stu/uh (afp, dpa, epd)