WHO warnt eindringlich vor Epidemien
23. Mai 2016Angesichts des Gelbfieber-Ausbruchs in Angola und den Nachbarländern hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor einer globalen Zunahme tödlicher Risiken gewarnt. "Was wir derzeit beobachten, sieht mehr und mehr wie ein dramatischer Anstieg der Bedrohung durch neue und wieder auferstehende Infektionskrankheiten aus", erklärte die WHO-Generaldirektorin Margaret Chan zum Auftakt der diesjährigen Weltgesundheitsversammlung aller Staaten in Genf. "Die Welt ist nicht genügend vorbereitet, um damit fertig zu werden."
Gegen Gelbfieber gebe es bereits seit fast 80 Jahren einen lebenslangen Impfschutz, der jedoch in den am meisten gefährdeten Ländern viel stärker hätte verwendet werden müssen, so die WHO-Generalsekretärin. Gelbfieber kann zu Organversagen und dem Tod führen. Das Virus wird durch Stechmücken übertragen, vor allem von der Tigermücke Aedes aegypti. Die jüngste Gelbfieber-Epidemie hat sich nach Angaben des Roten Kreuzes vom Ursprungsland Angola in die Demokratische Republik Kongo und nach Kenia und China ausgebreitet. Seit Dezember starben den Angaben nach in Angola rund 300 Menschen an der Tropenkrankheit, etwa 2300 Menschen infizierten sich.
Gefahren von Zika und Ebola
Die Generaldirektorin verwies auch auf den tödlichen Ebola-Ausbruch in Westafrika und die Verbreitung des Zika-Virus'in Lateinamerika, das wahrscheinlich zu schweren Deformationen bei Neugeborenen führen kann. Nach der anfangs unzureichenden Reaktion auf den Ebola-Ausbruch mit mehr als 11.000 Toten zwischen 2014 und 2016 sei man kurz darauf durch den Zika-Ausbruch "erneut überrascht worden, ohne Impfstoff und ohne dass genügend zuverlässige Tests für die Diagnose vorhanden waren", sagte Chan.
Der große Zika-Ausbruch in Südamerika ist nach Einschätzung der WHO auch Folge eines vernachlässigten Kampfes gegen die Ausbreitung von Moskitos. Es sei ein "schwerer politischer Fehler" gewesen, entsprechende Programme in den 70er Jahren zurückzufahren, erklärte Chan.
WHO nach Kritik im Reformprozess
Chan warb für die in Gang gesetzte umfassende Reform der WHO. Sie müsse die Organisation unter anderem in die Lage versetzen, rasch und umfassend auf Gesundheitskrisen zu reagieren. Alle 194 Mitgliedstaaten stünden in der Pflicht, die Pläne zu unterstützen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen, damit in Zukunft medizinische Teams der WHO schnell und zielstrebig auf Ausbrüche von Krankheiten reagieren könnten.
Die WHO war während der Ebola-Krise massiv in die Kritik geraten. Ärzte ohne Grenzen und andere Experten warfen der WHO vor, zu langsam und umständlich auf den Ebola-Ausbruch reagiert zu haben.
Deutschland sagt Unterstützung zu
Deutschland wird die umfassende Reform der WHO auch finanziell weiter unterstützen, versicherte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe vor den Konferenzteilnehmern. "Unser Ziel ist es, die Führungsrolle der WHO beim Setzen gemeinsamer Standards, als Koordinator einer globalen öffentlichen Gesundheitspolitik und als eine Organisation zu unterstützen, die in der Lage ist, die Reaktion auf globale Gesundheitskrisen zu koordinieren", sagte der Minister.
Am Rande der einwöchigen Konferenz mit mehr als 3000 Politikern, Medizinern, Forschern und weiteren Experten wurde das Berliner Robert-Koch-Institut (RKI) offiziell zum WHO-Kooperationszentrum für neu auftretende Infektionen und biologische Gefahren erklärt. Das Institut werde der WHO in Krisenfällen mit Laborexperten sowie durch Schulungen helfen, erklärte Gröhe. "Krankheiten machen nicht an Landesgrenzen halt", sagte er. "Deshalb brauchen wir eine schlagkräftige WHO, die bei internationalen Gesundheitsrisiken schnell Fachleute zum Ausbruchsgeschehen schicken und Hilfskräfte international koordinieren kann."
chr/stu (epd, dpa)