WHO: Impfstoff muss allen zugutekommen
4. Dezember 2020"Wir können keine Welt akzeptieren, in der die Armen und Ausgegrenzten von den Reichen und Mächtigen beim Ansturm auf den Impfstoff niedergetrampelt werden", sagte der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, bei dem virtuellen UN-Sondergipfel zur Corona-Krise.
Es dürfe keine Benachteiligung armer Menschen bei der Verteilung der Impfstoffe geben. Es handle sich um eine globale Krise, in der Impfstoff wie ein "öffentliches Gut" geteilt werden müsse, fügte Tedros hinzu. Zugleich warnte er vor einer Vergrößerung der Kluft zwischen Arm und Reich durch Corona. Einige Länder hätten zusätzlich zur Pandemie mit anderen Problemen zu kämpfen: "Es gibt keine Impfung gegen Armut, keinen Impfstoff gegen den Hunger. Es gibt keinen Impfstoff gegen Ungleichheit. Es gibt keinen Impfstoff gegen Klimawandel", sagte er.
Tedros warnte auch vor einer wachsenden Einstellung, dass die Corona-Krise vorbei sei. "Die Pandemie wird uns noch lange beschäftigen." Ähnlich hatte sich am Donnerstag UN-Generalsekretär António Guterres zum Auftakt des virtuellen UN-Sondergipfels geäußert: Die Folgen der Pandemie würden noch Jahrzehnte nachwirken.
Impfungen ersetzen Hygienemaßnahmen nicht
Die WHO warnt zudem davor, die wohl bald verfügbaren Impfungen als alleiniges Mittel gegen die Corona-Pandemie zu sehen. "Die Impfungen allein werden den Job nicht machen", sagte der oberste Seuchenexperte der WHO, Mike Ryan, in Genf. Ryan, der das WHO-Programm für Gesundheitsnotfälle leitet, betonte, viele bisherige Hygieneregeln wie soziale Distanz, das Tragen von Masken und häufiges Händewaschen müssten zunächst weiterhin beachtet werden. Gesundheitssysteme in vielen Ländern seien trotz aller Anstrengungen kurz vor dem Kollaps, so Ryan.
Großbritannien hatte am Mittwoch als erstes europäisches Land grünes Licht für die Verwendung des Impfstoffes der Unternehmen BioNTech-Pfizer gegeben. Am kommenden Dienstag sollen die Impfungen im Vereinigten Königreich starten.
Mehrere weitere Pharmakonzerne hoffen mit ihren Impfstoffkandidaten ebenfalls auf eine baldige Zulassung. Zahlreiche Staaten haben mit den Herstellern bereits Impfstoff-Lieferungen vereinbart.
qu/uh (afp, rtr, dpa)