WHO: Cholera breitet sich im Libanon schnell aus
1. November 2022Anfang Oktober hatte das Gesundheitsministerium des Libanon die ersten Cholera-Fälle seit 1993 gemeldet. Während die Krankheit sich zunächst vor allem im Norden des Landes verbreitet habe, seien inzwischen alle Landesteile betroffen, berichtete die WHO in Genf. Der WHO-Landesvertreter im Libanon, Abdinasir Abubakar, bezeichnete die Lage mit rund 1400 Verdachtsfällen als prekär. Seit dem Ausbruch am 5. Oktober sind nach Angaben des Ministeriums 390 Cholera-Fälle im Labor bestätigt worden, darunter 17 Todesfälle.
Die gefährliche Durchfallerkrankung sei wahrscheinlich von Syrien eingeschleppt worden, wo es inzwischen in allen Landesteilen insgesamt rund 20.000 Verdachtsfälle gebe, sagte der regionale WHO-Nothilfedirektor Rick Brennan. Der Cholera-Stamm, der im Libanon dominiert, sei dem in Syrien zirkulierenden sehr ähnlich, erklärte die WHO weiter. In Syrien sind nach UN-Angaben in den letzten zehn Jahren knapp zwei Drittel der Wasseraufbereitungsanlagen, die Hälfte der Pumpstationen sowie zahlreiche Wassertürme beschädigt worden. Als Quelle des Cholera-Ausbruchs in Syrien wird der durch Abwasser verseuchte Fluss Euphrat vermutet.
Mit Medikamenten gut behandelbar
Cholera wird von dem Vibrio Cholerae-Bakterium ausgelöst. Die Krankheit wird zumeist über verunreinigtes Trinkwasser und Nahrung übertragen. Sie kann sich in extremem Durchfall und Erbrechen äußern und durch erheblichem Flüssigkeitsverlust zu Nierenversagen oder zum Tod führen, ist aber mit Medikamenten gut behandelbar. Laut WHO erkranken jährlich weltweit zwischen 1,3 und vier Millionen Menschen an Cholera, zwischen 21.000 und 143.000 Infizierte sterben daran.
Die WHO ist tief besorgt, weil die Zahl der Cholera-Ausbrüche weltweit in diesem Jahr stark gestiegen ist. Sie führt dies auf Überschwemmungen, Dürren, Konflikte, Bevölkerungsbewegungen und andere Faktoren zurück. Dadurch hätten viele Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser und das Risiko von Cholera-Ausbrüchen wachse. Weil der Impfstoff knapp ist, hat sie im Oktober das empfohlene Impfregime geändert: statt zwei Dosen soll vorerst nur eine Dosis verabreicht werden, was kurzfristig genügend Schutz biete.
600.000 Impfdosen erforderlich
Den Libanon unterstützt die Weltgesundheitsorganisation mit medizinischem Personal und Material sowie Laborkapazitäten. Sie führt in Kliniken und Krankenhäusern Schulungen durch, damit die Beschäftigten Cholera-Fälle richtig behandeln. Erschwert werde die Lage, weil das Land durch andere Krisen schon schwer getroffen ist, darunter auch eine heftige Wirtschafts- und politische Krise, so die WHO. Krankenhäuser hätten teils kaum noch Strom. Viele Menschen hätten kaum Zugang zu sauberem Trinkwasser, und die Abwasserentsorgung sei beeinträchtigt. Man versuche zusammen mit der Regierung, 600.000 Impfdosen zu bekommen, um besonders Gefährdete schützen zu können.
Der Libanon hat unterdessen die ersten rund 13.000 Impfdosen gegen Cholera erhalten. Es handele sich um eine Spende aus Frankreich, erklärte Übergangsgesundheitsminister Firas Al-Abiad nach einer Meldung der staatlichen libanesischen Nachrichtenagentur NNA. Eine weitere Lieferung von 600.000 Impfdosen soll innerhalb der nächsten zehn Tage durch die WHO bereitgestellt werden.
kle/qu (dpa, kna, rtre, afpe)