Wettlauf zur nächsten Mobilfunk-Revolution
23. Februar 2016Die Mobilfunktechnik der Zukunft soll das mobile Internet sehr viel schneller machen und vor allem das sogenannte Internet der Dinge voranbringen. Autos, Häuser, Kühlschränke - künftig soll alles dank 5G vernetzt und aus der Ferne steuerbar sein. Europa wetteifert dabei mit Asien und den USA um die Vormachtstellung für die Zukunftstechnik.
Der Mobilfunkstandard 4G sei eine Weiterentwicklung des Vorgängers 3G im gleichen "Ökosystem" gewesen, mit mehr Bandbreite und schnelleren Verbindungen, sagt der Strategiechef des schwedischen Mobilfunkentwicklers Ericsson in Frankreich, Viktor Arvidsson. 5G dagegen sprenge die Grenzen des vorherigen Systems.
Keine Weiterentwicklung…
Für Verbraucher verspricht 5G zunächst deutlich schnellere Download-Geschwindigkeiten: 100 Megabit pro Sekunde sollen das Minimum der neuen Technik sein, unter optimalen Bedingungen sollen sogar bis zu 70 Gigabit pro Sekunde drin sein. Kurz vor der Mobilfunkmesse in Barcelona haben die deutsche Telekom und der chinesische Smartphone-Konzern Huawei erstmals Verbindungs-Geschwindigkeiten von 70,1 Gigabit pro Sekunde realisiert.
Diese Rekordmarken werden natürlich nur bei idealen Laborbedingungen erreicht. In der Praxis sollen aber Verbindungsraten von 20 GBit/s möglich sein - das wäre rund 60 mal schneller als die aktuell schnellste mobile Breitbandverbindung. Der Download eines Spielfilms in HD-Qualität ist dann innerhalb von wenigen Sekunden auf das Smartphone geladen.
Aber auch auf dem Feld der virtuellen Realität ebenso wie beim Erzeugen von Hologrammen soll 5G eine Schlüsselrolle spielen. "Um Hologramme zu generieren, brauchen wir mindestens zehn Gigabit pro Sekunde, was die 4G-Technik nicht leisten kann", sagt Minsoo Na vom südkoreanischen Telekommunikationskonzern SK Telecom.
…sondern ein Quantensprung
Neben ultraschnellen mobilen Übertragungsgeschwindigkeiten soll mit 5G das Internet der Dinge vorangetrieben werden. Für autonomes Fahren beispielsweise ist ein neuer Mobilfunkstandard notwendig. In einem 4G-Umfeld brauche ein fahrerloses Auto bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h rund drei Meter Reaktionsweg, um zu bremsen, sagt Mérouane Debbah von Huawei Frankreich. In einem 5G-Umfeld seien es dagegen nur wenige Zentimeter. Allerdings sei dafür eine lückenlose Netzabdeckung nötig.
Zugleich soll 5G auch Energie sparen. Bei hohem Datenvolumen verbrauchen Smartphones derzeit noch sehr viel Akkuleistung - das soll und muss sich mit der neuen Technik ändern, wenn Verbraucher etwa ultrahochauflösende Videos (UHD) auf ihrem Smartphone schauen oder Brillen für virtuelle Realität an ihr Gerät andocken.
Unter der Leitung von Ericsson arbeiten derzeit 29 Unternehmen und Universitäten in Europa an Fragen rund um die Entwicklung von 5G. An dem Projekt namens Metis beteiligen sich in Deutschland unter anderem die Telekom und die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH). In anderen Teilbereichen arbeitet die Telekom mit Vodafone und der Technischen Universität Dresden zusammen.
Europa mischt mit
Im Wettlauf mit anderen Weltregionen treibt die Europäische Union die Entwicklung von 5G voran: Mit bis zu 700 Millionen Euro will die EU 5G fördern, der Privatsektor steuert drei Milliarden Euro bei. Starke Konkurrenz hat Europa in Asien: Südkorea nimmt die Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang für einen großen Test der Technik zum Anlass, gleiches gilt für Japan und die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio. In den USA haben die Telekommunikationsriesen Verizon und AT&T erste Tests für dieses Jahr angekündigt
In Barcelona haben sich der japanische Konzern NTT DOCOMO, SK Telecom aus Südkorea und der US-Mobilfunkbetreiber Verizon auf die Gründung einer globalen Initiative verständigt, die "5G Open Trial Specification Alliance". Die Initiative bezeichnet sich als neutral - sie habe nicht die Absicht, die internationalen Standardisierungsdiskussionen und –gremien zu beeinflussen, heißt es. Ihr Ziel sei vielmehr, eine gemeinsame Testplattform bereitzustellen, auf der Chiphersteller, Netzwerkanbieter, Mobikfunkbetreiber und Gerätehersteller verschiedene Technikkomponenten testen und nach einheitlichen Kriterien beurteilen können.
wen/ul (afp, rtrd, Telekom, NTT Docomo)