Westliche Spitzenpolitiker zeigen Solidarität in Kiew
24. Februar 2024Ursula von der Leyen, Giorgia Meloni, Justin Trudeau und Alexander De Croo reisten in der Nacht gemeinsam per Zug von Polen aus an, wie die Regierung in Rom mitteilte. Bei ihrer Ankunft in der ukrainischen Hauptstadt schrieb von der Leyen im Onlinedienst X, sie sei in Kiew, um am zweiten Jahrestag des russischen Krieges gegen die Ukraine ein Zeichen zu setzen und "um den außergewöhnlichen Widerstand des ukrainischen Volkes zu feiern". "Mehr denn je stehen wir fest an der Seite der Ukraine. Finanziell, wirtschaftlich, militärisch, moralisch. Bis das Land endlich frei ist", erklärte die CDU-Politikerin.
Die EU-Kommissionspräsidentin übergab bei ihrem Besuch 50 Fahrzeuge an die ukrainische Nationalpolizei und die Generalstaatsanwaltschaft. Die weißen Geländewagen würden den Behörden helfen, "die Gebiete zu stabilisieren, die die ukrainischen Streitkräfte so mutig von der illegalen russischen Besetzung befreit haben", sagte von der Leyen nach einer Mitteilung ihrer Behörde. "Die heutige Lieferung schließt sich an die jüngste Lieferung eines modernen Minenräumungsgeräts von der EU an die Ukraine an."
Als amtierende Vorsitzende der Gruppe sieben großer demokratischer Industrienationen (G7) will Italiens Regierungschefin Meloni an diesem Samstag aus Kiew eine Videokonferenz der G7-Staats- und Regierungschefs leiten. An der Videoschalte nimmt auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj teil.
Stoltenberg lobt Mut der Ukrainer
Unterdessen lobte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg "den Mut und die Entschlossenheit" der Ukrainer. Er sicherte dem Land erneut eine Zukunft als NATO-Mitglied zu. "Heute ist es zwei Jahre her, dass russische Panzer in der Ukraine einrollten", sagte Stoltenberg in einer Videobotschaft. "Damit begann der größte Krieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg." Die Lage auf dem Schlachtfeld sei "nach wie vor äußerst ernst". Mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin betonte Stoltenberg, es gebe keine Anzeichen für einen baldigen Frieden. "Aber wir dürfen nicht den Mut verlieren. Die Ukraine hat immer wieder bemerkenswertes Geschick und kämpferische Entschlossenheit bewiesen."
Die russische Armee war auf Befehl Putins am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert. Nach mehr als einem Jahr festgefahrener Kämpfe geht Moskau mittlerweile vor allem in der Ostukraine wieder in die Offensive. Die ukrainischen Soldaten leiden unterdessen zunehmend unter Munitionsmangel. Der ukrainische Präsident Selenskyj fordert immer wieder beschleunigte Munitions- und Waffenlieferungen. Auch die westlichen Sanktionen gegen Russland - erst am Freitag wurde ein neues Paket von den USA verkündet - erzielten bisher nicht die erhoffte Wirkung.
Scholz will zurück zur Abschreckung
Zum zweiten Jahrestag des russischen Überfalls fordert Bundeskanzler Olaf Scholz, die Politik der Abschreckung wieder aufzugreifen. "Mit unseren Verbündeten müssen wir so stark sein, dass niemand es wagt, uns anzugreifen", mahnte Scholz in einer Videobotschaft. Er räumte erneut ein, die Bundeswehr sei "über viele Jahre vernachlässigt" worden. Damit sei jetzt Schluss. Deutschland investiere 2024 erstmals seit Jahrzehnten zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung in die Verteidigung. "Dabei wird es auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten bleiben." Der Ukraine sicherte der Kanzler weiteren deutschen Beistand zu. "Wir unterstützen die Ukraine bei ihrer Selbstverteidigung - und zwar so lange wie nötig." Mit seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg attackiere Russland nicht nur die Ukraine, "sondern zerstört die Friedensordnung in Europa", sagte er weiter.
Auch Baerbock in der Ukraine
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock traf derweil gemeinsam mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba zu einem aus Sicherheitsgründen zunächst geheim gehaltenen Besuch in der südlichen Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer ein. Zuvor hatte sie dem russischen Präsidenten Putin Eroberungslust und fehlende Friedensbereitschaft vorgeworfen.
"So erschütternd es ist: Putin will keine Verhandlungen. Er will keinen Frieden - er will 'Eroberungen'. Das sagt er selbst", schrieb Baerbock in einem Gastbeitrag für die "Bild"-Zeitung. Baerbock forderte Putin eindringlich zum Ende des Krieges auf: "Lassen Sie die ukrainischen Kinder frei. Ziehen Sie Ihre Truppen zurück. Beenden Sie diesen Krieg. Dann wäre morgen Frieden. Und die ganze Welt könnte endlich wieder aufatmen." Scharf wies die Außenministerin Kritik an Waffenlieferungen für die Ukraine zurück. Wer behaupte, dass Waffenlieferungen den Krieg verlängerten, "spielt Putin in die Hände".
Der deutsche Oppositionsführer Friedrich Merz rief die Bundesregierung auf, der Ukraine alle für den Abwehrkampf nötigen Waffen zur Verfügung zu stellen. Bisher beteuere die Regierung nur, sie werde der Ukraine so lange wie nötig helfen, sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. "Ich würde gerne die Formulierung hören: Wir helfen der Ukraine mit allen Mitteln, die wir zur Verfügung haben, damit wir wirklich ein baldiges Ende dieses schrecklichen Krieges sehen."
Schoigu besucht russische Truppen
Am zweiten Jahrestag der Offensive besuchte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu seine Truppen in der Ukraine. Hinsichtlich des Kräfteverhältnisses sei der Vorteil "auf unserer Seite", sagte Schoigu laut einer Erklärung der Armee vor den Soldaten. Der Minister sei darüber informiert worden, dass die russischen Streitkräfte nach der Einnahme der Industriestadt Awdijiwka in die Offensive gegangen seien.
Zuvor hatte Putin die russischen Soldaten in der Ukraine als "Helden" gepriesen und eine fortgesetzte Stärkung der Armee angekündigt. In einer Videobotschaft anlässlich des jährlichen "Tags des Verteidigers des Vaterlands" am Freitag würdigte Putin die "Teilnehmer der Spezialoperation" in der Ukraine, die "für Wahrheit und Gerechtigkeit" kämpften. Putin gilt als klarer Favorit der Präsidentschaftswahl vom 15. bis 17. März in Russland.
kle/se (rtr, afp, dpa, epd)
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