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Westerwelle in Athen

Panagiotis Kouparanis4. Juli 2013

Bundesaußenminister Westerwelle kam nach Athen, um der griechischen Regierung Rückendeckung zu geben. Wirtschaftliche Fragen standen im Mittelpunkt der Gespräche.

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Guido Westerwelle, Ankunft am Flughafen in Athen (Foto: Panagiotis Kouparanis/DW)
Guido Westerwelle in AthenBild: Panagiotis Kouparanis

Der Zeitpunkt, den sich der deutsche Außenminister Guido Westerwelle für einen Arbeitsbesuch in Athen ausgesucht hat, ist nicht gerade optimal, da die griechische Regierung zur Zeit alle Hände voll zu tun hat: Die Abordnung der Troika verhandelt gerade über neue Maßnahmen, die Griechenland für eine neue Kredittranche über gut acht Milliarden Euro erbringen muss. Am kommenden Montag (08.07.2013) entscheiden darüber die Finanzminister der Eurozone. Aber so kurz vor der Sommerpause ließe sich schwer ein anderer Termin finden, um seinen neuen griechischen Kollegen Evangelos Venizelos zu treffen, hieß es im deutschen Auswärtigen Amt. Venizelos ist der sechste griechische Außenminister, seit Westerwelle vor dreieinhalb Jahren ins Amt gewählt wurde.

Der vereinbarte Termin findet im Vorfeld der Bundestagswahlen statt, die in zweieinhalb Monaten anstehen: die christdemokratische Bundesregierung hat in Berlin einen europäischen Gipfel gegen die Jugendarbeitslosigkeit veranstaltet, Finanzminister Wolfgang Schäuble fährt am 18. Juli nach Athen, um die Gründung eines griechischen Entwicklungsfonds zur Stützung kleiner und mittlerer Unternehmen mit deutschem Know How und deutscher Kapitalbeteiligung bekannt zu geben. Dennoch würde man Westerwelles Besuch nicht gerecht werden, wenn man ihn nur auf Wahllampf reduzieren würde. Eher trifft zu, dass Politik sehr viel mit Symbolik zu tun hat oder, wie es Westerwelle in Athen formulierte: "In der Politik zählt das psychologische Momentum".

Westerwelle in Athen mit Außenminister Venizelos (Foto: Kouparanis/DW)
Unterstützung für die griechische Regierung - Westerwelle in Athen mit Außenminister VenizelosBild: Panagiotis Kouparanis

"Silberstreif am Horizont"

Seit dem Auseinanderbrechen der Drei-Parteien-Koalition und der Bildung einer Zweierkoalition aus den alten Regierungsparteien, der konservativen Nea Dimokratia und der sozialdemokratischen PASOK, hat zumindest die verbale Unterstützung aus Deutschland für die jetzige Regierung merklich zugenommen.

Der deutsche Außenminister sprach in Athen seine Anerkennung für die griechischen Anstrengungen aus, das mit der Troika vereinbarte Reformprogramm umzusetzen: er sei sich sicher, dass dieser Reformkurs einen neuen Aufschwung bringen würde, und er sehe sogar einen "vorsichtigen Silberstreif am Horizont." Bei der Pressekonferenz mit seinem griechischen Kollegen in Athen wurde Westerwelle von einem griechischen Journalisten darauf hingewiesen, dass seit der Umsetzung des Reformprogramms das Bruttoinlandsprodukt um ein Viertel zurückgegangen und die Arbeitslosigkeit auf über 27 Prozent gestiegen sei. Auch bei einem "stürmischen Wachstum" werde es 20 bis 30 Jahre brauchen, bis Griechenland den Vor-Krisen-Stand erreicht haben würde, so der Journalist. "Was", so seine provokante Frage, "würden Sie erst unternehmen, wenn Sie dem Land nicht helfen, sondern es zerstören wollten?"

Westerwelle konzentrierte sich in seiner Antwort darauf aufzuzählen, was Deutschland unternimmt, um Griechenland bei seinen Reformen zur Bewältigung der Krise zu helfen: Die Zusammenarbeit reicht von der Ministeriumsebene bis hin zu den Kommunen. Darunter fallen Bereiche wie Rentenreform, effektivere Gestaltung des Gesundheitswesens und der Kommunalverwaltung, Asylreform und sogar Pilotprojekte für die Einführung der deutschen dualen Berufsausbildung, die im Herbst starten werden. Diese Art der Zusammenarbeit ist für die Europäische Union einzigartig.

Antonis Samaras und Guido Westerwelle (EPA/ALKIS KONSTANTINIDIS (c) dpa - Bildfunk)
Über Wirtschaftsfragen gesprochen - Antonis Samaras und Guido WesterwelleBild: picture-alliance/dpa

Griechenland braucht Wachstum

Für 2014 prognostizieren Experten einen weiteren Einbruch der Wirtschaftsleistung von bis zu 4,5 Prozent. Schon deshalb braucht das Land Wachstum – zum Beispiel durch Investitionen, aber auch durch einen neuen Schuldenschnitt. Laut Finanzminister Giannis Stournaras muss Griechenland jährlich zehn Milliarden Euro an Zinsen zahlen. Obwohl allgemein mit einem Schuldenschnitt gerechnet wird, bleibt dieses Thema für Berlin und somit auch für Westerwelle bis zu den deutschen Wahlen in zweieinhalb Monaten tabu.