Westafrikaner in Frankreich sorgen sich um ihre Familien
13. August 2014In dem guineischen Restaurant "Le Fouta Djalon", im Zentrum von Paris, werden traditionelle Gerichte wie Fufu oder Erdnusssoße serviert. Unter den Beat der afrikanischen Musik aber mischen sich Gesprächsfetzen über Ebola. "Meine Brüder, Schwestern und Eltern sind in Conakry", sagt Alpha Wess, während er in dem Restaurant an seinem Kaffee nippt. Wess hat Dreadlocks und ist ein stämmiger Mann. "Ich mache mir sehr große Sorgen um meine Familie."
Alpha Wess floh vor der Diktatur in seinem Geburtsland Guinea. Das ist mittlerweile zehn Jahre her. Heute fürchtet sich der Reggae-Sänger und politische Dissident vor einer anderen Bedrohung: Das Ebola-Virus verwüstet sein Heimatland und weite Teile Westafrikas. "Die Guinea-Gemeinschaft hält hier sehr zusammen - viel enger als sie es in unserer Heimat tun würde, weil hier in Frankreich ethnische und politische Unterschiede keinen Platz haben", sagt Wess. Er hat ein Wohltätigkeitskonzert gegeben, das ein Teil der Diaspora "Ebola-Solidaritäts"-Kampagne war. "Wenn es in unserer Heimat eine Krise gibt, so wie jetzt, dann entwickeln wir starke Solidarität."
Wess kann als politischer Flüchtling nicht in seine Heimat zurückkehren, dafür aber ruft er regelmäßig zuhause an. Doch Oumou Barry, der Besitzer des Fouta Djalon, sagt, dass das Virus die Heimatbesuche nicht aufhalten werde. "Ich war zuletzt im März zuhause", erzählt Barry, der aus dem Norden Guineas stammt. "Ich habe allen gesagt, dass sie sich regelmäßig ihre Hände waschen, ihre Häuser sauber halten und ihre Kinder im Haus lassen sollen. Und ich rufe jeden Tag meine Mutter an."
Grenzüberschreitende Übertragung
Guinea, Liberia und Sierra Leone, die die meisten Ebola-Fälle verzeichnen, haben den Notstand ausgerufen. Aber das Virus breitet sich auf neue Länder aus, inklusive Nigeria und vielleicht sogar Burkina Faso. Spanien und die Vereinigten Staaten haben diejenigen ihrer Bürger zurückgeholt, die sich mit Ebola infiziert haben. Mit dem weltweiten Verkehr, sagen US-Beamte, würde sich das Virus unweigerlich ausbreiten.
Bisher sind in Frankreich noch keine Ebola-Fälle aufgetreten, obwohl ein Flug der Air France, von der guineischen Hauptstadt Conakry kommend, im April wegen eines Ebola-Verdachts kurz in Quarantäne war. "Auch wenn das Risiko einer Ansteckung nicht ganz ausgeschlossen werden kann, bleibt es doch sehr gering", sagt Dr. Francois Bricaire, ein Spezialist für Infektions- und Tropenkrankheiten des Pitie-Salpetriere Krankenhauses in Paris. "Aber meiner Ansicht nach ist das Risiko einer epidemischen Ausbreitung unwahrscheinlich. Sobald ein Fall diagnostiziert wird, werden umgehend alle Maßnahmen ergriffen, um eine mögliche Übertragung zu stoppen."
Dennoch verstärkt das Land seinen Schutz. Bei den Abflügen aus Westafrika werden bei den Passagieren der Air France diagnostische Tests durchgeführt, und auch die französischen Flughäfen achten auf verdächtige Fälle. Viele französische Krankenhäuser sind mit speziellen Isolationsräumen ausgestattet, darunter auch das Pitie-Salpetriere in Paris.
"Man lernt vorsichtig zu sein, weil die Inkubationszeit zwischen drei Tagen und drei Wochen betragen kann", sagt Bricaire. "So könnte zum Beispiel jemand in Frankreich oder irgendwo in Europa erkrankt und nicht sofort entdeckt worden sein. Dann besteht die Gefahr, dass er jeden um sich herum infiziert haben könnte."
Beklemmungen mitten unter bunten Farben
In den Stadteilen, wie in dem Vorort Villette im Pariser Norden, tragen die Einwohner traditionelle bunte und locker fallende westafrikanische Boubous. Den Passanten bieten sie den süß-schmeckenden, gegrillten Mais an. Aber auch unter den Afrikanern, deren Heimatgebiete bisher von dem Ebola-Virus verschont geblieben sind, macht sich eine beklemmende Stimmung breit. "Das ist eine sehr, sehr gefährliche Krankheit", sagt der 65-jährige Amara Sheaur aus Senegal, der regelmäßig zu Hause anruft, um herauszufinden, ob es seiner Familie gut geht.
Lassana Niakate, der einen malischen Verein in einem Außenbezirk von Montreuil leitet, erzählt, dass die malische Gemeinschaft ein weiteres Elend für ihr Konflikt-erschüttertes Heimatland befürchtet. "Guinea grenzt an Mali und viele Menschen überqueren dort jeden Tag die Grenzen", sagt er. "Wir sagen unseren Familien zuhause, dass sie es vermeiden sollen zu reisen, besonders nicht in die Grenzgebiete."
Die französisch-guineische Gemeinde hat Fash-Mobs und Konzerte organisiert, um das Bewusstsein für den Virus zu stärken und auch, um Geld zu sammeln. Damit wollen sie medizinisches Material an die Helfer vor Ort senden. "Menschen sterben täglich", sagt Hamidou Diallo, der Präsident der "Gesellschaft für junge Guineer in Frankreich", und er fügt hinzu: "Diese Krankheit zeigt uns, was in unserem Gesundheitssystem zu kurz gekommen ist. Jetzt müssen die Politiker diese Mängel endlich angehen."