Wer war Ebrahim Raisi?
20. Mai 2024Ebrahim Raisi war seit August 2021 Präsident des Irans. Er galt als erzkonservativer Hardliner. Als Wunschkandidat und Protegé des Religionsführers Ajatollah Ali Chamenei hatte er die Präsidentenwahl im Juni 2021 mit knapp 62 Prozent der Stimmen gewonnen. Der Kleriker wurde damit offiziell Nachfolger des eher moderaten Hassan Ruhani, der nach zwei Amtsperioden nicht mehr antreten durfte.
Religiöse Wurzeln
Vor 64 Jahren wurde Ebrahim Raisi in eine streng religiöse Familie in der zweitgrößten iranischen Stadt Maschad geboren. Für schiitische Muslime ist sie einer der wichtigsten Pilgerorte: Dort befindet sich das Grabmal des bedeutenden Imams Reza. Hüter des Schreins ist eine einflussreiche und finanzkräftige Stiftung, die Raisi von 2016 bis 2019 leitete. Raisi durchlief selbst eine umfangreiche theologische Ausbildung und hielt den Rang eines Hodschatoleslam - das ist der zweithöchste Klerikerrang, direkt hinter Ajatollah.
Raisis Karriere begann direkt nach der Islamischen Revolution von 1979, als er im Alter von gerade einmal 20 Jahren zum Generalstaatsanwalt von Karadsch, der Nachbarstadt Teherans, ernannt wurde. Es war die erste von vielen Positionen in der Justizbehörde: Später sollte er Richter werden, 2019 stieg er zum Leiter der Justizbehörde auf.
"Schlächter von Teheran"
Eine Episode aus seiner Zeit als stellvertretender Staatsanwalt des Revolutionsgerichts in Teheran prägt Raisis Ansehen bis heute: 1988 war er laut Amnesty International als Mitglied der "Todeskommission" an außergerichtlichen Hinrichtungen beteiligt, weshalb seine Gegner ihm den Beinamen "Schlächter von Teheran" verpassten. Der Menschenrechtsorganisation zufolge wurden dabei mindestens 5000 Regimegegner ermordet - die tatsächliche Zahl könne noch weit höher liegen, weil viele Freigelassene erneut festgenommen und heimlich exekutiert worden sein könnten, heißt es in einem 2018 veröffentlichten Amnesty-Bericht. Die US-Regierung unter Donald Trump, aber auch die EU, hatten ihn in diesem Zusammenhang 2019 mit Sanktionen belegt.
Harte Hand - innen- und außenpolitisch
Gegenwind erfuhr Raisi und das gesamte System der Islamischen Republik auch im eigenen Land, besonders von der jungen Generation. Raisi hatte die blutige Niederschlagung von landesweiten Protesten nach dem gewaltvollen Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini vor anderthalb Jahren angeordnet. Die junge Frau starb im Polizeigewahrsam, nachdem sie von der Sittenpolizei wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden war.
Auch außenpolitisch blieb Raisi seinem Hardliner-Image treu. So stand er für eine harte Haltung bei den internationalen Verhandlungen über das umstrittene Atomprogramm der Islamischen Republik. Während seiner Amtszeit intensivierte der Iran auch seine Urananreicherung und unterstützte Russland bei der Entscheidung Moskaus, in die Ukraine einzumarschieren.
Zutiefst verfeindet ist der Iran mit Israel. Im vergangenen Monat hat der Iran inmitten des anhaltenden Krieges im Gazastreifen einen Raketen- und Drohnenangriff auf Israel gestartet und weiterhin Stellvertretergruppen wie die Hisbollah im Libanon und die Huthi-Bewegung im Jemen bewaffnet. Israel hat mit Hilfe der USA, des Vereinigten Königreichs, Jordaniens und anderer Länder fast alle Raketen und Drohnen abgefangen. Anfang dieses Monats sagte Raisi, dass "der Iran die legitime Verteidigung der palästinensischen Nation unterstützt" und lobte gleichzeitig die "Widerstandsbemühungen" der Hamas.