Fatah oder Hamas - Wer vertritt die Palästinenser?
15. September 2010Für die Bundesregierung gibt es keinen Zweifel: Die legitimen Vertreter des palästinensischen Volkes sind der Präsident der Autonomiebehörde Mahmud Abbas und die Regierung von Salam Fayad in Ramallah. Das betonen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesaußenminister Guido Westerwelle immer wieder. Um dies zu unterstreichen, empfing die Bundesregierung den palästinensischen Ministerpräsidenten und sein Kabinett im vergangenen Mai sogar zu offiziellen Regierungsberatungen in Berlin.
Regierung ohne demokratische Legitimation
Doch weder die Regierung Fayad noch Präsident Mahmud Abbas, der sie eingesetzt hat, sind demokratisch legitimiert. Die Amtszeit von Abbas, der im Januar 2005 mit mehr als 62 Prozent der Stimmen gewählt worden war, ist am 25. Januar 2009 abgelaufen. Die Neuwahl wurde jedoch auf unbestimmte Zeit verschoben. Ein Termin für die nächsten Präsidentschaftswahlen, die eigentlich alle vier Jahre stattfinden müssen, ist derzeit nicht in Sicht.
Der im Westen hoch geschätzte Ministerpräsident Salam Fayad dagegen wurde nie gewählt. Bei den Parlamentswahlen im Jahr 2006 erhielt der promovierte Volkswirt mit seiner kleinen bürgerlichen Partei nur knapp drei Prozent der Stimmen. Klare Wahlsiegerin war damals die Hamas, doch ihre Versuche, eine Regierung zu bilden, wurden sowohl von der unterlegenen Fatah unter Präsident Abbas als auch von Israel und der gesamten westlichen Welt hintertrieben. Und so kam es im Gazastreifen zu einem blutigen Bürgerkrieg, der im Jahr 2007 mit der Vertreibung der Fatah-Funktionäre aus Gaza endete.
Seither ist die palästinensische Gesellschaft tief gespalten. Beide politischen Bewegungen, Fatah auf der einen und Hamas auf der anderen Seite, beanspruchen die Macht für sich und torpedieren sich gegenseitig. Mehrere Versuche, die Feindschaft zu überwinden und eine Versöhnung zu erreichen, scheiterten. Die im Westjordanland regierende Fatah wirft der Hamas Regierungsunfähigkeit vor. Die in Gaza mit harter Hand herrschende Hamas dagegen beschuldigt die Autonomiebehörde, die Interessen des palästinensischen Volkes zu verraten. Sie habe kein Mandat, mit der israelischen Regierung zu verhandeln.
Anschläge im Westjordanland
Zu Beginn der Friedensgespräche in Washington verübte die Hamas zwei Anschläge auf israelische Siedler im Westjordanland, bei denen vier Israelis getötet und verletzt wurden. Ein Sprecher dementierte am Montag (13.09.2010) im israelischen Radio, dass man mit den Anschlägen die Gespräche verhindern oder stören wollte. "Es gibt keinen Zusammenhang mit den Verhandlungen", sagte Ribhi Rantisi in einem Telefoninterview. Für seine Organisation seien die Siedler mit Besatzungssoldaten gleichzusetzen, die man bekämpfen müsse. Das habe mit den Verhandlungen nichts zu tun. Auch die Hamas wünsche sich Frieden, sie glaube jedoch nicht an den Erfolg der Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern.
Rivalität zwischen Fatah und Hamas
Doch diese zur Schau getragene Gelassenheit kann nicht über die bittere Rivalität zwischen Hamas und Fatah hinwegtäuschen. Sie wurde erneut verschärft, nachdem die Sicherheitskräfte der Autonomiebehörde in der letzten Woche die mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge gegen die Siedler festgenommen hatten. Der bewaffnete Arm der Hamas drohte daraufhin, mit Gewalt gegen die Autonomiebehörde vorzugehen. "Die Hand, die das Herz des Feindes treffen kann, ist auch in der Lage, Euch zu erreichen", hieß es in einer Stellungnahme auf der Webseite der Izzedin al Kassam-Milizen.
Am Dienstag (14.09.2010), vor Beginn der Verhandlungen in Scharm el Scheich, verschärfte die Hamas noch einmal den Ton. Der Chef des militanten Flügels der Organisation, Achmed Jabari erklärte, die Hamas werde den bewaffneten Kampf um Palästina fortsetzen und auch weitere Anschläge gegen den "zionistischen Feind" verüben.
Autorin: Bettina Marx
Redaktion: Diana Hodali