Energie aus Meereswellen
29. Juni 2009Das Meer, das hier gegen die Hafenmole donnert, klingt wie ein fauchender Drachen. Ingenieur Yago Torre schließt ein schweres Eisentor auf und führt ins Innere des Betonbaus: ein dunkler, langgezogener Bunker, wie ein Bollwerk umgeben von ohrenbetäubendem Getöse.In den Boden sind 16 große Löcher gebohrt, die von einem Bullauge abgedeckt sind. Yago Torre öffnet eines der Bullaugen. Unten blickt man in eine riesige Kammer, darin schwappt das tosende Meer. Hier, wo jetzt die Öffnung zur Kammer ist, wird denmächst eine Turbine installiert. Insgesamt 16 Kammern befinden sich im unteren Teil der Hafenmauer. Sie sind zum Meer hin offen. "Wenn die Wellen hineinschwappen, verdrängen sie die Luft in diesen Hohlräumen", erklärt Yago Torre: "Die Luft steigt auf und wird dann durch eine angeschlossene Turbine mit angebautem Generator gepresst." Sobald sich die Turbinen drehen, kann Strom erzeugt werden.
Bald 10 Prozent Strom aus Wellen
Vor allem in Küstengebieten mit hohem Wellengang könnten solche Kraftwerke künftig einen Teil der Stromversorgung übernehmen. Das Baskenland mit seiner über 200 Kilometer langen Küste wäre da ein idealer Standort, findet Javier Marqués. Er ist Leiter für erneuerbare Energien beim baskischen Versorger EVE (Ente Vasco de la Energía), für den das Kraftwerk einmal Strom einspeisen soll. "Wir haben zu allererst einen Wellen-Atlas fürs Baskenland aufgestellt und die potentielle Energie der Wellen berechnet," berichtet Marqués: "Dabei sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir mit dieser Technologie theoretisch imstande sind, zehn Prozent des Strombedarfs im Baskenland abzudecken."
Das Wellenkraftwerk von Mutriku hatte den Vorteil, dass es in eine bereits bestehende Hafenanlage eingebaut werden konnte, die ohnehin ausgebessert werden musste. Dadurch konnte die Investition auf ein Minimum gesenkt werden. Der baskische Versorger zahlte 1,7 Millionen Euro für die Kraftwerkstechnik, den Ausbau der Hafenmauer für vier Millionen Euro übernahm die Regionalregierung. Weitere vergleichbare Projekte im Baskenland sind bereits geplant.
Testbetrieb an Land
Die Nutzung bereits bestehender Infrastruktur an Land ist nach Ansicht des Energie-Experten aber nur ein erster Schritt: "Die Zukunft der Wellenenergie liegt auf hoher See, fünf bis sieben Meilen von der Küste entfernt", erklärt Javier Marqués. Dort seien die Wellen höher, und auch das Energiepotential entprechend größer. Mit einer Anlage wie Mutriku aber könne man zunächst einmal testen, ob diese Technologie überhaupt funktioniere. Auch Reparaturen ließen sich an Land leichter vornehmen als draußen auf dem Meer.
Die Turbinen für Mutriku liegen schon bereit. Sie stammen übrigens vom deutschen Anlagenbauer Voith Siemens Hydro. Oder besser gesagt von dessen schottischer Tochter, die schon das welterste Pilotprojekt dieser Art auf der schottischen Hybrideninsel Islay entwickelt hat. Jetzt muss nur noch die neugewählte baskische Regierung grünes Licht geben, damit Mutriku ans Netz gehen kann.
Autorin: Cornelia Derichsweiler
Redaktion: Julia Kuckelkorn / Mareike Röwekamp