Wenig Chancen für algerische Asylbewerber
12. Januar 2016Seit einigen Wochen gibt es eine neue Gruppe von Flüchtlingen in Deutschland - sie kommt aus Marokko und Algerien. Griechische Behörden wiesen zum Jahreswechsel darauf hin, dass Menschen aus diesen Ländern den Weg über die Türkei nach Mitteleuropa suchen. In der aktuellen Asylstatistik des Bundesinnenministeriums aus dem Monat Dezember 2015 steht unter den TOP 5 der Hauptherkunftsländer bereits der Eintrag "Marokko".
Die CSU hat auf ihrer Jahresauftakt-Klausur in Wildbad-Kreuth darauf bereits reagiert und gefordert, Algerien und Marokko zu "sicheren Herkunftsländern" zu erklären. Den Punkt diskutierte die CSU auch mit Kanzlerin Angela Merkel, die Gast der Klausur war. Auf der anschließende Zusammenkunft des CDU-Bundesvorstands in Mainz wurde die neue Fluchtroute ebenfalls thematisiert.
Eigentlich gibt es Rückführungsabkommen mit Algerien
Gäbe es eine solche Einstufung als sichere Herkunftsländer, hätten Menschen aus Algerien und Marokko faktisch keinen Asyl- oder Schutzstatus in Deutschland. Die Anerkennungsquote läge in einem sehr kleinen Prozentbereich, sagte die Kanzlerin nun nach einem Treffen mit dem algerischen Premierminister Abdelmalek Sellal in Berlin. Sie umschrieb und bestätigte damit, dass es sich um sichere Herkunftsstaaten handelt. Ob und wann es eine entsprechende Verordnung geben wird, ließ Merkel allerdings offen. Aufgefallen sei zuletzt aber, dass Algerier "verstärkt illegal nach Deutschland" kämen.
Aktuelle Brisanz hat das Thema durch die Aufklärung der Vorfälle auf der Kölner Domplatte bekommen. Bis zu neun der Täter sollen nach Polizeiermittlungen Algerier sein. Der algerische Premier wollte das nicht direkt kommentieren. Man habe noch nicht alle Informationen. Er bekannte sich aber dazu, dass alle nach Deutschland illegal eingereiste Algerier nach Algerien zurückgeführt würden. Das entspräche dem 1997 beschlossenen Rückführungsabkommen mit Deutschland. Allerdings müsse immer auch eindeutig nachgewiesen werden, dass es sich auch wirklich um Algerier handele. Das könne die Angelegenheit verlängern.
Falsche Identitäten
Die eindeutige Identifizierung von Flüchtlingen erweist sich in der Praxis als schwierig. Wie von der CSU in Wildbad-Kreuth diskutiert wurde, können sich zwischen 50 bis 70 Prozent der Flüchtlinge, die in Bayern ankommen, nicht ausweisen. Von Bürgermeistern würde berichtet, es gebe "volle Dixie-Klos", also mobile Toilettenkabinen, die mit Ausweis-Papieren vollgestopft seien. Viele würden ihre Papiere wegwerfen, sich dann als Syrer ausgeben und so auf gute Chancen auf Asyl oder Schutz in Deutschland spekulieren. Nach Behörden-Schätzungen, auf die sich die CSU beruft, sollen ein Drittel der Syrer gar keine Syrer sein. Darunter könnten sich auch viele Algerier befinden.
Von der CSU gibt es den Vorschlag, Flüchtlinge ohne Ausweispapiere nicht mehr ins Land zu lassen. Außerdem könnten diejenigen ohne "Bleibeperspektive" in speziellen Einrichtungen in der Nähe der Grenze festgehalten werden, um sie von dort aus wieder abzuschieben. Sie würden also gar nicht erst im Land verteilt, was häufig einhergeht mit einer geringeren Abschiebungswahrscheinlichkeit. Doch noch sind diese Vorschläge in der Berliner Regierungskoalition umstritten.
Von deutschen Firmen aufgebaut
Es war der erste Besuch des algerischen Premiers in Deutschland. Vor Merkel hatte er sich auch mit Bundestagspräsident Norbert Lammert getroffen und eine Kooperation beider Parlamente vereinbart. Sellal hielt ebenfalls eine Rede vor Wirtschaftsvertretern. Algerien, das in den 1970er-Jahren quasi von deutschen Firmen aufgebaut worden sei, brauche auch zukünftig das Know-How aus Deutschland. Eine Kooperation gebe es derzeit schon zwischen 300 Firmen, für die Unterstützung bedanke er sich bei der Kanzlerin, so Sellal.
Merkel betonte in ihrem Statement die Rolle Algeriens als "Stabilitätsanker in der Region". Algerien habe eine aktive Rolle bei der Schaffung einer Einheitsregierung in Libyen gespielt, die nun auch schnell umgesetzt werden müsse - die schnelle Ausbreitung des IS in Libyen sei mit Sorge zu betrachten. Einen engen Austausch gebe es mit Algerien außerdem in der Mali-Frage - auch Bundeswehrsoldaten sind in einem Mali-Einsatz in der Region. Insofern hätte man insbesondere beim Antiterrorkampf gemeinsame Sorgen, sagte Merkel.
Sehr lange hätten die Kanzlerin und er über das Verfassungsprojekt in Algerien gesprochen. Die festgeschriebenen Menschenrechte und das Mehr an Demokatie seien ein großer Gewinn, sagte der Premier. Merkel lobte die Verfassungsreform - es gebe nun mehr Transparenz und Rechte des algerischen Parlaments.